Prof. Dr. M. Kaul
Systementwicklung und Datenbanksysteme
FB 02 Informatik

Kluges Studieren

Portal für Systementwicklung und Datenbanksysteme
an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
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Kluges und lebendiges Studieren

Kluges und lebendiges Studieren

  • Blog unter kluges-studieren.blogspot.com
  • Kluges Lernen (s.u. von Ellen Langer)
  • Lebendige Wissenschaft
  • Agile Methoden
  • Freude am Schaffen und am Erkennen (s.u. von Albert Einstein)
  • Neu-Gier
  • Die Innen-Reise zur optimalen Leistungsfähigkeit (s.u. von Josh Waitzkin)
  • Bewusstmachung schulischer Konditionierung, z.B. Widerständiges Lernen: "Durch die Entfremdung des Lernens unter anderem in der Schule werden die Lernbedürfnisse und -interessen der Schüler übergangen. Das schulische Lernen wird als eine Sonderveranstaltung gesehen .... Dieser Entfremdung entziehen sich Schüler zum Beispiel, indem sie sich (zumindest gedanklich) entziehen, sich passiv verhalten, ihre eigene Meinung im Unterricht nicht äußern oder den Lehrern, entgegen ihrer eigenen Ansicht, nach dem Munde reden, um bloß ihre Ruhe zu haben. Auch Phänomene wie das sehr schnelle Vergessen von auswendig gelernten Prüfungsinhalten nach der entsprechenden Prüfung werden auf das widerständige, dem Interesse des Subjekts nicht entsprechende Lernen zurückgeführt."
  • Hinterfragen grundsätzlicher Annahmen, z.B. dass Intelligenz mit Standardwissen zu tun habe.
  • Umstellung der Gesellschaft von einer Industrie-Gesellschaft zu einer Lern-Gesellschaft. Eine Industrie-Gesellschaft erforderte standardisierte Berufsbilder zur Austauschbarkeit der Arbeiter (Employability = Benutzbarkeit). Eine Lern-Gesellschaft radikalisiert die Individualisierung, die mit den heutigen technischen Möglichkeiten sogar wirtschaftlich wird (Web 2.0). Die guten alten deutschen Begriffe des Berufes (anstelle Job) und der Berufung (anstelle Employability) bekommen plötzlich wieder einen Sinn.
Kluges Lernen (mindful learning)

Kluges Lernen

Mindful learning wurde vom Verlag ins Deutsche mit "Kluges Lernen" übersetzt. Das Gegenteil von mindfulness ist mindlessness (hirnlos, gedankenlos, blind, geistlos, unbeseelt), das wohl jeder kennt. Gemeint ist die menschliche Tendenz, auf Autopilot zu schalten, das zu tun, was man immer getan hat, oder das zu tun, was alle tun. Es ist stereotypisches, mechanisches Handeln. Auswendiglernen ist eine Form mechanischen Lernens, wenn es nur das fotografische Gedächtnis oder Lautwiederholung benutzt. Oft ist den Betroffenen gar nicht klar, dass sie mechanisch handeln und lernen.

Teilweise aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie, ergänzt um eigene Kommentare

Unter dem Begriff Kluges Lernen versteht Ellen J. Langer, Psychologie- Professorin an der Harvard University, sich Neuem und Unbekannten aktiv zuzuwenden, offen zu sein für Lernsituationen, Sachverhalte aus immer neuen Blickwinkeln zu betrachten und sich eigene Lernstrategien zu schaffen (so die Beschreibung im auf Deutsch erschienen Buch mit gleichnamigem Titel).

Mindful learning

"Mindful learning" (kluges Lernen) orientiert sich an Langers Konzept "mindfulness". Dieses Wort wird meist mit "Achtsamkeit"/"Aufmerksamkeit" übersetzt; Langer versteht den Begriff "mindfulness" jedoch in einem größeren Kontext; deshalb erscheint das deutsche Wort "Klugheit" als angemessene Übersetzung.

Wem oder was folgt die Aufmerksamkeit? Die naive Vorstellung von Aufmerksamkeit ist die einer festen Fixierung auf den Gegenstand der Betrachtung. Wer aber schon mal unvoreingenommen beobachtet hat, was passiert, wenn man seine Aufmerksamkeit auf ein Bild oder einen Gegenstand zu fixieren versucht, weiß, dass diese naive Vorstellung nicht stimmt: Die Gedanken schweifen ab. Das wird als persönliches Problem mangelnder Konzentrationsfähigkeit empfunden. Man müsse sich nur mehr anstrengen, dann würde es klappen. Das redet man sich selber ein oder es wird einem eingeredet. Dabei geht es jedem so. Nur ist nicht jeder ehrlich damit.

"Sitze still und höre darauf, was der Lehrer sagt." Das ist die Prägung aus dem Schulalltag. Die Aufmerksamkeit folgt aber nicht dem Alten, dem Unlebendigen, dem Unwichtigen. Mit genügend Abstraktion fällt es jedem Schüler leicht, jeden Lerngegenstand als schon mal gesehen, als unlebendig oder unwichtig hinzustellen. Dann fühlt sich der Schüler sicher, in bekanntem Gewässer, dem Lehrer endlich nicht mehr unterlegen. Die andere Seite der Medaille ist, dass er damit sein eigenes Lernen verhindert. Zumachen und innerer Stillstand sind die Kehrseite einer gut ausgeprägten Abstraktionsfähigkeit. Abstraktion wird dann zum Lernverhinderer. Wenn man mit seinem eigenen Leben genauso verfährt, dann wird erst im Altersheim mit Verbitterung die Frage gestellt: "Soll das alles gewesen sein?" Das ist konsequente Hirnlosigkeit (mindlessness) bis zum bitteren Ende.

Wem oder was folgt die Aufmerksamkeit? Dem Interessanten, dem Neuen, dem Wichtigen. Die Aufmerksamkeit folgt der Neu-Gier. Was ist neu? Was ist interessant? Was ist spannend? Was ist wichtig? Das hängt sowohl von der Person als auch vom Gegenstand des Lernens ab. Wenn das Neue, das Interessante und Wichtige immer nur außerhalb der Lehrveranstaltung gesucht wird, findet auch nur dort wirkliches Lernen statt. Schon Albert Einstein sagte über den Schul- und Hochschul-Betrieb, er wundere sich, dass dabei noch halbwegs vernünftige Menschen heraus kämen. Er hatte vieles grundsätzlich Falsches im Schul- und Hochschul-Betrieb wahrgenommen und konnte sich dem nur durch sehr viel Eigensinn entziehen. Seinen starken Eigensinn "Ich mache es auf meine Weise" empfand er als seine Rettung. Warum sollte man vor diesem Hintergrund dann als Dozent es seinen Studierenden übel nehmen, wenn diese eigensinnig sind? Ein guter Dozent versucht nicht, seine Studierenden zurecht zu biegen, damit sie in das gerade herrschende Wissenschaftsschema passen, sondern ihre individuellen Stärken auszubauen und neue Lösungswege zu entdecken.

Zurück zur Lernenden-Perpektive: Wie kann der oder die Lernende die eigene Aufmerksamkeit wecken, wachrufen, ins Leben rufen? Mit der Frage "Was ist neu?". Genauer: "Was ist für mich neu an dem heutigen Thema?", "Was habe ich heute dabei gelernt?", "Welche Erkenntnisse sind für mich dabei neu?", "Welche Kompetenzen sind für mich neu?", "Welche Gedanken, welche Gefühle habe ich heute zum ersten Mal erlebt?", und das andauernd ohne Ausnahme. Alles gehört dazu. Dieser grundlegende Wechsel in der Grundhaltung des Lernenden kann nicht von außen kommen. Aber woher soll ein inneres Bedürfnis erwachsen? Meistens leider erst aus Niederlagen oder gar Katastrophen. Damit wären wir beim Thema "Investiere in die Niederlage" von Josh Waitzkin (s.u.).

Die deutsche Übersetzung des englischen Begriffs "agil" ist das deutsche Wort "lebendig". Woran liegt es, dass im Deutschen der Begriff "agil" nicht wirklich übersetzt wird, sondern über "agile Methoden", "agiles Vorgehen" oder "Agilität" gesprochen wird? Weil den Deutschen "Lebendigkeit" im Zusammenhang mit Schule, Hochschule, Projekten, Management und Software-Entwicklung so fremd ist. Dann werden lieber Fremdworte benutzt. Hier sind manche Amerikaner viel weiter und hier gibt es noch einiges zu lernen und nachzuholen. Gerade hinsichtlich des Aspektes der Lebendigkeit hinken wir hinterher.

Die sieben Mythen des Lernens

In ihren Untersuchungen zeigt sie auf, wie Mythen bzw. Grundhaltungen nicht nur das Lernen, sondern auch das Lehren erschweren. Die sieben Mythen, denen sie in ihrem Buch "Kluges Lernen" nachgeht, sind die folgenden:

  • Die Grundlagen müssten so gut gelernt werden, dass sie zur zweiten Natur würden.
  • Aufmerksam sein heiße, sich auf eine Sache eine bestimmte Zeit lang zu konzentrieren.
  • Die Bedürfnisbefriedigung müsse aufgeschoben werden.
  • Die Ausbildung gehe nicht ohne mechanisches Auswendiglernen.
  • Vergessen sei problematisch.
  • Intelligent sein heiße, zu wissen «was da draußen los sei».
  • Es gäbe richtige und falsche Antworten.

Das Festhalten an diesen Mythen und Grundhaltungen führe dazu, dass Kreativität erstickt, Fragen abgewürgt und die Selbstachtung untergraben werde. Doch überall wo diese Mythen wirksam seien, so Langer, gebe es die Gelegenheit zu klugem Lernen.

Lernen auf Nebenwegen

Lehren erfolgt üblicherweise entweder

  • Top-down: Der Lehrer vermittelt ein Konzept und übt dieses mittels Übungen ein. Das ist der Weg über das Verstehen, über den Kopf hin zur Praxis und Handlungskompetenz.
  • Bottom-up: Die Schüler beginnen mit Bekanntem und bauen darauf schrittweise auf.
Dem setzt Ellen Langer einen dritten Weg, den Nebenweg, entgegen:
  • Lernen auf Nebenwegen: Der Fokus liegt hier auf dem Neuen, egal ob Top-down oder Bottom-Up. Im Lernprozess wird immer wieder hinterfragt. "Was ist für mich neu dabei?", "Was verändert sich dadurch für mich?", "Was ist der Unterschied für mich vorher/nachher?". Dabei geht es nie um die Vergangenheit, die Zukunft oder Lernprozesse bei anderen, sondern immer ganz konkret um den eigenen subjektiven Lernprozess hier und jetzt, ganz persönlich für jeden Einzelnen. Diese höchst subjektive und lebendige Seite wird in dem auf Objektivität getrimmten Wissenschaftsbetrieb zu stark vernachlässigt: Wissenschaft wird von Menschen für Menchen gemacht.

Literatur

Ellen J. Langer, Kluges Lernen. Sieben Kapitel über kreatives Denken und Handeln. rororo-Sachbuch, 2001. ISBN 349961121X

Kritische Stimmen zu "Mindlessness" findet man auch bei Carren McLaren: Mindless in America. Ellen Langer and the social psychology of mindlessness.
Albert Einstein
Die wichtigen Probleme können nicht mit der gleichen Art des Denkens gelöst werden, mit der sie erzeugt wurden.
("The significant problems we face cannot be solved by the same level of thinking that created them.")
  • "Autoritätsdusel ist der größte Feind der Wahrheit."
  • "Der Wissenschaftler findet seine Belohnung in dem, was Poincaré die Freude am Verstehen nennt, nicht in den Anwendungsmöglichkeiten seiner Erfindung."
  • "Es ist die wichtigste Kunst des Lehrers, die Freude am Schaffen und am Erkennen zu erwecken."
  • "Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig."
  • "Ich weiß ehrlich nicht, was die Leute meinen, wenn sie von der Freiheit des menschlichen Willens sprechen. Ich habe zum Beispiel das Gefühl, dass ich irgend etwas will; aber was das mit Freiheit zu tun hat, kann ich überhaupt nicht verstehen."
  • weitere siehe Wikiquote
Josh Waitzkin: The Art of Learning: An Inner Journey to Optimal Performance

" The Art of Learning: An Inner Journey to Optimal Performance" von Josh Waitzkin

Josh Waitzkin (geb. 1976, New York) ist ein amerikanisches Schach-Talent mit vielen nationalen und internationalen Titeln. Im Alter von 27 wandte er sich Tai Chi Chuan und Chinesischen Kampfkünsten (Pushing Hands, Klebende Hände, Chi Sao) zu, wo er rasch ebenfalls internationale Titel errang, um erstaunt festzustellen, dass dort dieselben Lern-Prinzipien gelten wie im Schach. Darüber hat er dann das Buch "The Art of Learning" geschrieben.

Prinzipien aus "The Art of Learning" von Josh Waitzkin

  • Mechanisches Lernen, insbesondere das Auswendig-Lernen, das Kopieren von Wissenskatalogen ist eigentlich eine Abwehrstrategie von echtem Lernen, das Offenheit, Intuition, Flexibilität beinhaltet. Was man in einem Wissenskatalog gespeichert hat, braucht man nicht mehr aktiv zu erarbeiten, zu er-lernen. Leider werden heutzutage immer noch die meisten Lernprozesse falsch gestaltet, sogar bei der Ausbildung im Schachspiel.
  • Innere Arbeit muss sich mit der äußeren Arbeit paaren. Daher sind Zwangspausen bei vielen Spitzensportlern oft sehr produktiv. (Manche müssen sich erst die Knochen brechen, um das zu verstehen und systematisch umzusetzen.)
  • Anfängergeist: Offenheit dem Unbekannten ist eine Grundhaltung im Lernen: Josh Waitzkin erzählt das Gleichnis von der Krabbe, die in einem Schalengehäuse lebt und sich dort wohnlich eingerichtet hat. Dann wird das Gehäuse zu klein. Sie muss ihr Zuhause verlassen. In dieser Phase des Übergangs ist sie höchst verletzlich. Menschen richten sich auch in einem mentalen Gehäuse wohnlich ein und haben eine große Abneigung gegen Unbekanntes. Manchmal kommen Lernprozesse aber nicht weiter, ohne diesen Schritt ins Unbekannte zu wagen. Der Preis dafür ist eine Phase der Verletzlichkeit, den viele Leute ab einem gewissen Alter nicht mehr zahlen wollen.
  • Der Mensch hat einen natürlichen Hunger nach ständig Neuem. Deshalb spricht man auch von "Neu-Gier". Diesen Hunger mit vorfabrizierten Massenprodukten zu bedienen, ist eine sprudelnde Geldquelle. Das ist ein wesentlicher Antreiber unserer Kultur und Wirtschaft. Das Fernsehen ist die perfekte Bedienung dieses Hungers. Wenn man die Gewohnheit des ständigen Konsumierens vorgefertigter, leicht-verdaulicher Informationshappen auf die Lernkultur anwendet, hat das verheerende Folgen: Dann wird der Lernende zu einem Müllhaufen fremder Regeln, Meinungen und Glaubenssätze. Lernen geht dann nie in die Tiefe. Josh Waitzkin hält dagegen, dass der Lernprozess für jeden Menschen die immerwährende aktive Entdeckung des Neuen in sich selber ist. Dies ein höchst subjektiver Prozess und kann nicht kommerzialisiert werden.
  • Investiere in die Niederlage: Aus Fehlern lernen ist ein wichtiges Potenzial. Das muss man erst zu schätzen lernen. Weit verbreitet ist das Gegenteil davon, die Abwärtsspirale: Wenn man Fehler gemacht hat, identifiert man sich mit der Fehlerquelle und schiebt sich die Schuld zu. Aus der Vorstellung "Ich kann das nicht" wird eine Zementierung falscher Verhaltensweisen. Weil Niederlagen nicht gewollt werden, kommt es zur Verdrängung von Fehlern und Situationen, in denen sich die Fehler wiederholen könnten. Dann bleibt ein riesiges Lern-Potenzial brachliegen. Josh Waitzkin empfiehlt stattdessen, solche Situationen bewusst aufzusuchen, bis man aus den Fehlern gelernt hat.
  • Söhne Dich mit allen Störungen aus. Schließe Freundschaft mit allen Hindernissen. Kehre Hindernisse in Hilfen um. Benutze alles als Leiter des ständigen Lernprozesses. Es gibt keine perfekte Umgebung. Wenn man es still haben will, ist das kleinste Geräusch störender Krach. Bedingungen, die man an seine Umgebung richtet, setzen nur eine Abwärtsspirale in Gang.
  • Die Kreise verkleinern: Es reicht nicht, eine Technik zu erlernen. Das ist nur der Anfang. Der eigene Zugriff auf die Techniken muss weiter vereinfacht, beschleunigt, kleiner werden.
  • Zeit ist nichts Festes. Der Rythmus, in dem wir wahrnehmen und agieren, ist stark veränderbar. Eine solche Erfahrung macht man z.B. bei Unfällen, wenn alles in Zeitlupe abzulaufen scheint. Aber man muss sich nicht erst die Knochen brechen, um das zu verstehen und systematisch umzusetzen.
  • Chunking: Das lineare Denk-Bewusstsein ist in seiner Kapazität sehr beschränkt. Man spricht von 7 Dingen, die es gleichzeitig im Blick haben könne. Was diese 7 Dinge jedoch sind, bleibt völlig offen. Und genau hier liegt ein riesiges Potenzial: Durch Up-Chunking werden komplexe kognitive Prozesse zu einem Knopf zusammengefasst. Dann sieht das Bewusstsein nur noch das Endergebnis des komplexen kognitiven Prozesses, nicht mehr die Details. Intuitives Gefühl ersetzt Denken und Berechnung. Das geschieht in jedem Leben, nur sind die Chunks unterschiedlich. Man entscheidet sich für das, was sich gut anfühlt, ohne den komplexen Entscheidungsprozess bewusst wahrzunehmen. Experiment Arme verschränken. Die natürliche Weise fühlt sich gut an. Anders herum fühlt es sich schräg an. Es sind diese Gefühle von Natürlichkeit und Schrägheit, die den Entscheidungsprozess bestimmen, nichts Gedachtes. Manchmal sind die gebildeten Chunks auch kontraproduktiv ("negative Prägung") und verhindern Spitzenleistung. Dann kommt man nicht umhin, in stillen Stunden die dahinter liegenden kognitiven Prozesse zu zerlegen ("Down-Chunking") unter die innere Lupe zu nehmen. In Zeitlupe geht man die Knöpfe, die Gefühle und komplexen Ursachen durch, analysiert die eigenen Geisteshaltungen dahinter und die Vorstellungen, aus denen sie gespeist werden. Der Vorstellung folgt der Geist, dem Geist der energetische Fluss und die körperliche Manifestation im Alltag. Das ist wie Umprogrammieren, alte Chunks verlernen und neue, effektivere Chunks zu erarbeiten. Das ist innere Arbeit, ohne die die äußere Arbeit nur oberflächlich bleibt.
  • Up- and Down-Chunking:Up-Chunking ist das Verdichten eines komplexen Prozesses zu einem mentalen oder emotionalen Knopf. Lernen muss häufig auch den umgekehrten Weg gehen, den Weg des Down-Chunking, d.h. Zerlegung des Einen in das Viele dahinter oder darunter. Viele gute Wissenschaftler beherrschen das Up-Chunking perfekt, sind aber schlechte Lehrer, weil sie für Down-Chunking noch keinen Sinn entwickelt haben.
  • "The Zone" oder "Flow", absichtsloses Handeln im freien Fluss, alles scheint mühelos von alleine zu gehen in absoluter Präsenz und Klarheit ("Laser-Sicht"). Die Zerhacktheit des schrittweisen Denkens wird durch die Kontinuität der Laser-Sicht abgelöst. Kein Neuronen-Gewitter stört den freien Fluss. Ursache von Neuronen-Gewitter sind verselbstständigte Denkprozesse, die ein Eigenleben zu führen scheinen ("nonself automated"). Ohne mit diesen Gewohnheiten aufzuräumen, ist keine Spitzenleistung möglich.
  • "Explosion in die Lücke": Beim Push Hands ebenso wie beim Schach muss man warten können, bis sich die Lücke zeigt. Und dann hat die eigene Handlung eine ganz andere Wirkung, als wenn sie mechanisch zum falchen Zeitpunkt angewendet wird. Dann können Hebel und Kräfte richtig eingesetzt werden und sich mit ungeheurer Wucht entfalten. Das ist die Explosion in die Lücke.
  • Das Selbstbild ist eine Vorstellung von sich selbst, aus dem eine bestimmte Geisteshaltung erwächst, die sich im täglichen Leben und Lernen manifestiert. Daher ist das Selbstbild so entscheidend. Der Vorstellung von sich selbst folgt der Geist, dem Geist die Art und Weise des täglichen Lebens und Lernens. Oft liegt in einem fehlerhaften Selbstbild die Wurzel-Ursache für Lernschwierigkeiten.
In seinem Buch "The Art of Learning: An Inner Journey to Optimal Performance" zitiert Josh Waitzkin folgendes Experiment:
  • Zwei gleich guten Gruppen von Schülern wurden identische Aufgaben in 3 Phasen gegeben, wie im Folgenden beschrieben. Die erste Gruppe glaubte an die eigene Begabungen und Schwächen, also daran, dass dies persönliche Charakter-Merkmale wären, die man nur schwer verändern könne. Die zweite Gruppe führte dagegen die eigenen Lernerfolge auf gute Lernarbeit zurück. Eigene Misserfolge wurden auf ungenügendes Training zurückgeführt, nicht auf Charakter-Merkmale.
    Die 3 Phasen waren folgende:
  • In der ersten Phase waren die Aufgaben leicht.
  • In der zweiten Phase waren die Aufgaben sehr schwer.
  • In der dritten Phase waren die Aufgaben wieder leicht.
  • Das Ergebnis des Experiments war folgendes: Beide Gruppen waren in der ersten Phase gleich gut, in der zweiten Phase gleich schlecht. Signifikante Unterschiede ergaben sich erst in der dritten Phase. Darin lieferte die erste Gruppe so schlechte Ergebnisse ab, als ob die Aufgaben der dritten Phase genauso schwer gewesen wären wie die der zweiten Phase. Die zweite Gruppe hingegen war in der dritten Phase genauso gut wie in der ersten Phase.

Selbstbild und Lernerfolg

  • Die unterschiedlichen Vorstellungen, was Lernen sei, reichen also aus, um signifikante Unterschiede im Lernerfolg hervorzubringen.
  • Die beiden Gruppen haben sich lediglich darin unterschieden, was sie glaubten. Glaube versetzt nicht nur Berge, sondern hat auch entscheidende Auswirkungen auf den Lernprozess.
  • Sind Interesse, Offenheit, Wissbegierde und Lernfähigkeit statische Persönlichkeitsmerkmale oder dynamische Prozess-Elemente?
  • Unserer jeweiligen Vorstellung vom Lernen folgt unsere eigene Art und Weise des Lernens. Das Selbstbild, die Summe aller Vorstellungen von sich selbst, macht in dem geschilderten Verusch den Unterschied.
Kooperation statt Konkurrenz

Gemeinsam lernen - Größerer Erfolg für den Einzelnen

Minneapolis (USA) - In Schulen, die Kooperation statt Wettbewerb pflegen, erzielen die Schüler größere Erfolge. Hingegen wirkt eine Konkurrenzsituation beim Lernen nicht nur negativ auf das Sozialverhalten, sondern auch auf die Schulnoten. Dies ergibt sich aus 80 Jahren Forschung in der Pädagogik, welche amerikanische Wissenschaftler jetzt ausgewertet haben. Sie präsentieren ihr Fazit im Fachblatt "Psychological Bulletin".

Insgesamt 148 Studien aus den vergangenen 80 Jahren hatte das Team um Cary Roseth von der University of Minnesota ausgewertet. An den Studien waren mehr als 17.000 Schüler und Schülerinnen aus 11 Ländern beteiligt gewesen. Dabei zeigte sich: Gemeinsames Lernen, Projektarbeit, gegenseitige Hilfe verbessern nicht nur das Sozialverhalten, sondern führen bei den einzelnen Schülern jeweils auch zu besseren Leistungen.

Schüler und Schülerinnen in Schulen, die individuelles Lernen - ohne Vergleich und Wettbewerb mit anderen Schülern - propagierten, hatten hingegen weniger Erfolge vorzuweisen. Allerdings wurde ihr Sozialverhalten durch dieses Lernkonzept nicht negativ beeinflusst. So wurde ihr Freundschaftsverhalten durch diese Lernform nicht weiter beeinträchtigt.

Besonders schlecht schnitten Schülerinnen und Schüler in solchen Schulen ab, die auf gnadenlosen Wettbewerb ausgerichtet waren. Wenn Schüler darin bestärkt werden, mit allen Mitteln zu versuchen, der/die Beste zu werden, dann wirkt sich dies nicht nur negativ auf ihre Sozialkontakte aus. Diese Schüler hatten auch insgesamt geringere schulische Erfolge vorzuweisen.

Link:

University of Minnesota: College of Education: http://www.educ.msu.edu/

Quellen: WDR5 Leonardo, Wissenschaft aktuell und American Psychological Association

Statische versus dynamische Gemütsverfassung (mindset)

Statische versus dynamische Gemütsverfassung (mindset)

Die Psychologie-Professorin Carol S. Dweck an der Stanford-Universität unterscheidet in ihrem Buch "Selbstbild. Wie unser Denken Erfolge oder Niederlagen bewirkt", Campus Verlag, 2007, zwei typische Grundhaltungen:
  • statisch, fixiert: In einer fixierten Haltung gibt es ein festes Welt- und Selbst-Bild. Die Fähigkeiten und Charakter-Eigenschaften scheinen in in diesem Welt- und Selbst-Bild genetisch vererbt und unveränderbar. Es gibt wahr und falsch, gut und böse und für alles gibt es feste Regeln. Wenn man diese einmal gelernt hat, braucht man nicht mehr weiter zu lernen. In dieser Geisteshaltung wird immer nach Perfektion gestrebt, nach der absoluten Sicherheit, nach dem Erreichen der 100%-Marke, wenn es sein muss, auch mit Gewalt.
  • dynamisch, wachsend: Eine dynamische Grundhaltung lebt ständiges Wachstum. Lernerfolge beruhen auf einem Lernprozess, der nie aufhört. Misserfolge sind Anlass zur intelligenten Suche nach neuen Wegen. Lebenslanges Lernen ist keine Pflicht, sondern Freude. Das Neue ist das Lebenselexier. Nichts ist perfekt. Alles ist im Fluss.
Literatur zum Thema Lernen lernen