Bewusstsein macht den Unterschied

Über Jahrhunderte hat das Militär
den Umgang mit Pferden geprägt:
Die Pferde mussten blind gehorchen,
ihrem Reiter blind vertrauen,
blind in die Gefahr hinein laufen ohne zu scheuen,
ihr eigenes Empfinden, Bewusstsein, Reflexe,
sogar ihren Überlebensinstinkt ausschalten.
Dazu hat die Dressur ihren eigenen Willen gebrochen
und das Bewusstsein und die Instinkte der Pferde
ausgeschaltet.

Erst heute entsteht die Erkenntnis,
dass man das Bewusstsein der Pferde nicht ausschalten muss,
sondern dass man mit ihm arbeiten und es nutzen kann:

Wenn das Pferd in seine Box gehen soll,
so geht die Reiterin voran,
weil sie das Alpha-Tier der kleinen Herde ist und
und sie damit die Verantwortung hat,
dass sich in der Höhle „keine Wölfe versteckt“ haben.

Wenn das Pferd eine Gefahr passieren soll,
so geht die Reiterin zwischen Pferd und Gefahr,
weil sie das Alpha-Tier ist und
und damit die Verantwortung hat,
die Gefahr einzuschätzen und
dem Pferd zu zeigen, wie zu reagieren ist.

Das ist arbeiten mit dem Bewusstsein
und den Instinkten des Pferdes
und nicht dagegen.
Bewusstsein und Instinkte müssen nicht niedergeprügelt werden
wie in der militärischen Zeit.
Der eigene Wille des Pferdes muss nicht gebrochen werden.
Das Bewusstsein des Pferdes muss nicht abgeschaltet werden,
um zuverlässig mit ihm arbeiten zu können.

Der Mensch hat die Intelligenz, sich auf
das Bewusstsein und Instinkte des Pferdes einzulassen
und damit zu arbeiten statt diese auszuschalten.

Das Bewusstsein des Pferdes ist so viel wert,
es kann nützlich sein,
ja sogar das Leben des Reiters retten.
In gefährlichen Gebirgsritten vertrauen die Reiter
dem Instinkt der Pferde, um einzuschätzen,
welche Pfade sicher sind und welche nicht.

Außerdem ist die Zeit des militärischen Dogmas vorbei.
Die Gesellschaft benötigt keine Maschinenpferde mehr
für die Schlacht auf dem Felde „Mann gegen Mann“.

In der Bildungsdiskussion wird
der Übergang von Wissen zu Kompetenzen
als große Errungenschaft gefeiert.
Sicher ist das ein wichtiger Schritt.
Und gleichzeitig gilt es noch
die Rolle des Bewusstseins dabei genauer zu verstehen.

Denn in beiden Fällen kann blindes Lernen geschehen,
bekannt als Pauken, Klausurlernen, Bulimielernen.
Erst Bewusstsein macht den Unterschied:
Arbeitet der Lehrer mit dem Bewusstsein der Schüler oder dagegen?
Geht es ihm um das blinde Pauken,
bewusstloses Kopieren oder
das Arbeiten mit Bewusstsein, den vorhandenen Empfindungen,
Vorstellungen, Reaktionen und Denkweisen der Schüler und Studierenden?
Bewusstsein macht den Unterschied.

Nicht alle Verantwortung liegt beim Lehrer.
Auch der Schüler muss sich entscheiden,
ob er den scheinbar müheloseren und „effizienteren“ Weg
des bewusstlosen Klausurlernens geht,
oder ob er sich die Mühe macht
und sich die zusätzliche Zeit nimmt,
sein eigenes Empfinden und Denken mit in den Lernprozess
hinein zu nehmen, damit zu arbeiten,
es auf die Waagschale zu werfen,
abzuwägen und kritisch zu hinterfragen,
welche Anteile an Halbwissen, Vorurteilen
und Missverständnissen sich im eigenen Denken eingenistet
oder gar automatisiert hatten,
statt es zu unterdrücken und platt zu bügeln.
Solange Lernen als bewusstloser Kopierprozess verstanden wird,
egal ob auf der Ebene des Wissens oder der Kompetenzen,
bleibt die Gesellschaft im alten Paradigma gefangen.

Blindes Lernen produziert Maschinenmenschen.
Diese waren in der militärisch-industriellen Zeit erforderlich,
solange es keine Computer gab,
jedenfalls glaubte man es so.

Heute gibt es Computer.
Heute gibt es das Internet.
Und diese sind keine vorübergehende Erscheinung
und sie werden nicht wieder verschwinden,
wie Gunter Dueck so schön provokativ sagt.
Die „gute alte Zeit“ wird nicht wieder zurück kehren.
Die militärisch-industrielle Zeit ist endgültig vorbei.
Gott sei Dank!

Leider hat sich das Jahrhundere alte militärische Denken
so tief in unserer Kultur verankert,
dass es automatisiert passiert
und unterhalb des Bewusstseinsradars läuft.
Daher sind solche Blogposts wie dieses hier
leider immer noch erforderlich.

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