Die Grundprinzipien sind immer dieselben, sonst wären sie keine Grundprinzipien. Ob man die Grundprinzipien im Studium oder beim Reiten lernen kapiert, ist völlig unerheblich.
Schuld kommt aus der Vergangenheit und Verantwortung richtet sich auf Zukunft. Wer Verantwortung nur für Vergangenes übernimmt, entzieht sich seiner Verantwortung für Zukunft.
Die systemischen Antreiber aus der Vergangenheit sind Ausgleichsstreben und gefühlte Gerechtigkeit. Ein System strebt immer nach Ausgleich, so oder so. Solange wir uns von diesen Antreibern blind steuern lassen, bleibt es beim Blindflug. Im Streben nach Ausgleich wird selbst wieder Ungerechtigkeit in die Welt gesetzt. So kann es nie aufhören.
Erschwert wird das Aufhören durch die Multidimensionalität. Es handelt sich nicht um eine Systemik, sondern um die Überlagerung vieler paralleler Systemiken (Multi-Systemik) existenzieller, familiärer, beruflicher, gesellschaftlicher, nationaler, kultureller und religiöser Art. Das Zusammentreffen an einem Ort nennen wir Person oder Persönlichkeit, dabei handelt es sich nur um die Summe von Programmierungen und geglaubten Zwängen.
Um die Blindheit zu überwinden, braucht es die Kompetenzen, Unmöglichkeiten als solche zu erkennen, Möglichkeiten wahrzunehmen und drittens beides voneinander unterscheiden zu können und viertens daraus eine Handlungskompetenz zu gewinnen.
Zukunft mitgestalten, ohne sich blind von den Antreibern der Vergangenheit steuern zu lassen, setzt einen gewissen Lösungsprozess voraus: Man löst sich aus den systemischen Verstrickungen, dem zwanghaften Ausgleichen wollen, dem zwanghaften Streben nach gefühlter Gerechtigkeit, indem man erkennt, wo der Zwang herkommt, was da eigentlich nach Ausgleich strebt und welche Ungerechtigkeit endlich aus der Welt geschafft werden soll. Freier Wille setzt Bewusstsein voraus, sonst ist es nur das Wirken einer Programmierung angesichts der wahrgenommenen Zwänge. Da Wahrnehmung immer selektiv ist, muss Ausgleich unvollständig bleiben, was die Ursache für die Schaffung neuer Ungerechtigkeiten ist.
Die Kompetenz zur Entstrickung (als Gegenbewegung zur Verstrickung) nennen wir plakativ die Tabula Rasa-Kompetenz. Immer wieder neu anfangen. Als Anfänger frisch und unbefangen an die Gegenwarts- und Zukunftsgestaltung herangehen. Anfänger-Geist statt in Komplexität verstrickter, eindimensional optimierender Roboter.
Die Tabula Rasa-Kompetenz ist das Sich-Selbst-Herausziehen (eine Art Rückwärtsgang) aus dem Scheinwissen, den Voreingenommenheiten, den Scheingefühlen und dem Scheingewissen hin zu der sokratischen Weisheit des Nichtwissens, sowohl des Nichtmehrwissens als auch des Nochnichtwissens.
Die Tabula Rasa-Kompetenz darf jedoch nicht als Verdrängung oder Flucht missbraucht werden, sonst ist sie nur eine weitere Spielart der Blindheit und löst neue Ungerechtigkeiten aus. Auf dem leeren Tisch (lat. tabula rasa) kann man die Gegebenheiten übersichtlicher ausbreiten. Übersicht schafft Klarheit. Das ist die Chance zum Klarlernen.