Erfolgsfaktor Nr. 1 für MOOC-Erfolg

MOOCs haben eine geringe Erfolgsquote. D.h. die Abbrecherquote ist sehr hoch. In seinem ACM Blog „Moocs need more Work; So Do CS Graduates“ berichtet Mark Guzdial, dass die Erfolgsquote häufig nur bei 10% liege.

Darauf gibt es zwei typische Reaktionsmuster:

  • Das amerikanische Reaktionsmuster ist sehr dynamisch: Nun werden Ursachenanalyse und Forschung betrieben, um intensiv Neuentwicklungen gezielt voran treiben zu können. Tenor: MOOCs sind im Prinzip richtig, nur wird z.Zt. noch irgendetwas falsch gemacht. Was das ist, wissen wir noch nicht genau. Aber wir werden es heraus finden. Der amerikanische Pragmatismus krempelt die Ärmel hoch und arbeitet so lange, bis es klappt.
  • Das europäische Reaktionsmuster dagegen ist recht statisch und rechtfertigend: „Seht Ihr, habe ich doch schon immer gewusst. Nichts geht über Präsenz-Lehre. Menschen müssen sich direkt begegnen, um Wissen weiter zu geben.“ Die von Geisteswissenschaften und dem deutschen Idealismus geprägte Kultur macht sich mit einer bestimmten Voreingenommenheit bemerkbar.

Die Ursachenforschung hat bereits folgende Stolpersteine ausgemacht:

  • Kampf mit Technologie: Viele Leute können eben doch nicht so richtig mit ihrem Computer, dem Betriebssystem, dem Editor, dem Web-Browser, usw. umgehen und scheitern deswegen am MOOC.
  • Kulturelle Unterschiede: Wenn man z.B. von allen Studierenden ein Video verlangt, in dem sie sich selbst zeigen, so stößt man bei manchen Kulturen auf erhebliche Vorbehalte.
  • Die Analytik für MOOC-Betrieb ist noch nicht so gut ausgebaut, dass wir genug Daten bekommen, anhand derer wir Ursachenforschung betreiben können. Wie kann man Lernfortschritt messen? Teilnehmer, die vor dem MOOC schon alles wussten, bestehen sicher die Tests am Ende. Dies besagt jedoch nichts über die Qualität des Online Lernens. Aussagekräftige Vorher/Nachher-Vergleiche sind erforderlich.
  • Je fortgeschrittener der MOOC ist, desto höher ist die Erfolgsquote. Grundkurse in MOOCs haben also schlechte Chancen. MOOCs scheinen sich für Weiterbildung besser zu eignen als für Anfängerkurse. Bei den Anfängerkursen ist das Lernziel vielleicht auch nicht so sehr inhaltlich als vielmehr kulturell: Es geht zuerst um die akademische Sozialisation. Anfänger müssen erst studieren lernen. Die Studierfähigkeit ist das erste Lernziel.
  • Erfolgsfaktor Nr. 1 ist ganz klar die Arbeit, Mühe und das Engagement, das Studierende in die Kurs-Teilnahme investieren, also wie hart sie arbeiten. Ohne Fleiß kein Preis. Ohne Investition kein Gewinn. Dieser Faktor übertrifft in seiner Wirkung auf die Erfolgschancen alle anderen Faktoren, auch die demographischen Faktoren, Herkunft, Geschlecht, Kursthema und Nutzungsrate der Unterstützungsdienste.
  • Nach der Psychologie-Professorin Carol S. Dweck an der Stanford-Universität liegt die Ursache für die unterschiedlichen Verhaltensmuster, ob sich jemand Mühe gibt oder nicht, im eigenen Selbstbild: Ein statisches Selbstbild ist der Glaube, Begabung sei angeboren, vererbt und lasse sich nicht ändern. Bei einem Misserfolg macht man seine Gene, Herkunft oder Eltern dafür verantwortlich. Ein Mensch mit dynamischem Selbstbild dagegen sagt bei einem Misserfolg: „Da habe ich offensichtlich nicht hart genug gearbeitet.“ (siehe ihr Buch „Selbstbild. Wie unser Denken Erfolge oder Niederlagen bewirkt“, Campus Verlag, 2007).

Interessanterweise gelangen wir bei der Ursachenforschung des MOOC-Erfolgs also letzten Endes beim Menschenbild. Ein statisches Selbstbild ist das größte Lernhindernis. Wenn die statische Prädisposition kulturell verkörpert ist, bedeutet dies Nachteile für die Menschen, die sich von einer solchen Kultur haben prägen lassen.

Es gibt nach Dweck zwei typische Grundhaltungen: (1.) statisch, fixiert: In einer fixierten Haltung gibt es ein festes Welt- und Selbst-Bild. Die Fähigkeiten und Charakter-Eigenschaften scheinen in in diesem Welt- und Selbst-Bild genetisch vererbt und unveränderbar. Es gibt wahr und falsch, gut und böse und für alles gibt es feste Regeln. Wenn man diese einmal gelernt hat, braucht man nicht mehr weiter zu lernen. In dieser Geisteshaltung wird immer nach Perfektion gestrebt, nach der absoluten Sicherheit, nach dem Erreichen der 100%-Marke, wenn es sein muss, auch mit Gewalt. (2.) dynamisch, wachsend: Eine dynamische Grundhaltung lebt ständiges Wachstum. Lernerfolge beruhen auf einem Lernprozess, der nie aufhört. Misserfolge sind Anlass zur intelligenten Suche nach neuen Wegen. Lebenslanges Lernen ist keine Pflicht, sondern Freude. Das Neue ist das Lebenselexier. Nichts ist perfekt. Alles ist im Fluss.

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