Der Schatten – die dunkle Seite der Seele:
Mit diesem Namen wird der Schatten mystifiziert
und damit einer neutralen Betrachtung unzugänglich.
Das verleiht ihm noch mehr Macht,
wie wir am Beispiel Trump vor Augen geführt bekommen:
Donald Trump hat deswegen so viel Erfolg,
weil er dem Schatten Amerikas eine Stimme gibt.
Er hat deswegen so viel Macht,
weil er die dunkle Seite für seine Zwecke benutzt.
Ein erheblicher Teil des amerikanischen Volkes
scheint die Nase voll zu haben von „political correctness„,
und will, dass Donald Trump endlich sagt und umsetzt,
was es insgeheim denkt und will,
aber nie sagen durfte,
ohne des Rassismus, des Nationalismus
oder einer anderen Ideologie
angeklagt zu werden.
Ethik, Moral und politische Korrektheit haben mit ihren Sprechverboten
erheblich zur Schattenbildung beigetragen
ohne die Probleme zu lösen:
Wirtschaftsethik hat die Zocker-Mentalität der Finanzwelt
nicht einmal abmildern können.
Es geht munter weiter so,
auch wenn zusätzliche Stabsstellen für Wirtschaftsethik
dem Vorstand zur Seite gestellt wurden.
Der Ausweg wäre Schattenarbeit.
Diese wurde jedoch selbst in den Schatten verbannt,
weil nicht sein kann was nicht sein darf.
Der Glaubenssatz lautet:
„Wir sprechen nicht darüber, also existiert es nicht.“
Das ist der Circulus vitiosus der Schattenarbeit.
Dabei ist diese in unserer Zeit dringender als je zuvor.
Eine eingehende neutrale Betrachtung lohnt sich also.
Wie ist Schatten definiert?
Schatten ist alles, was außerhalb des Lichtkegels der bewussten Wahrnehmung liegt, also alles was ich oder wir nicht sehen, sehen wollen, können und bei Strafe nicht sehen dürfen oder was es sonst noch an Gründen gibt.
Zu unterscheiden sind individueller und kollektiver Schatten:
Der individuelle Schatten ist alles, was ich nicht sehe, sehen will, kann oder darf.
Der kollektive Schatten ist alles, was wir nicht sehen, sehen wollen, sehen können oder dürfen.
Der individuelle Schatten wurde von Sigmund Freud definiert:
Von Freud stammt der berühmte psychoanalytische Imperativ
„Wo Es war soll Ich werden!“
Das war der Auftrag von Generationen von Psychoanalytikern,
aus dem Unbewussten die Absichten,
geheimen Aufträge und Kausalketten
ins Bewusstsein zu heben,
um sie dort anschauen zu können.
Den kollektiven Schatten hat Niklas Luhmann folgendermaßen definiert:
„Was ist Gesellschaft?“ hat Luhmann gefragt.
Seine Antwort hat er in folgender Formel verpackt:
„Gesellschaft ist ein Codex von Regeln zur Wahrnehmungsreduktion.“
Alles was nicht wahrgenommen wird, werden darf oder kann,
liegt außerhalb des Lichtkegels der Wahrnehmung:
der kollektive Schatten, den eine Gesellschaft mit ihrem Codex erzeugt.
Der kollektive Schatten bildet sich nicht nur in der Gesellschaft,
sondern in allen Kollektiven,
also Familien, Vereine, Verbände, Parteien und Länder.
Schatten entsteht dadurch, dass ich/wir nicht hinschauen.
Sobald ich/wir bewusst hinschauen, liegt es nicht mehr im Schatten.
Also liegt es doch an mir / an uns selbst,
ob es einen Schatten gibt
und was im Schatten liegt.
Fallunterscheidung: Folgende Ursachen, warum wir nicht hinschauen, sind zu unterscheiden: Wir schauen nicht hin,
- weil wir nicht wollen (verdrängen, ignorieren, verweigern => Wirklichkeitsverweigerung)
- weil wir nicht können (weil Fokus, Perspektive, Begriffsapparat, Instrumentarium, Brille fehlt)
- weil wir nicht mehr können (weil die Weichen so gestellt wurden, dass wir auf dem falschen Gleis sind)
- weil wir nicht dürfen (weil unser Glaube, unsere Ideologie, der Codex des Kollektivs es verbietet, weil es unter Strafe gestellt wurde)
- weil wir es nicht gewohnt sind (es fühlt sich fremd an)
- weil wir noch nie hingeschaut haben (es wäre eine Innovation, von der wir nichts wissen und daher zögern)
- weil wir es nicht wahrhaben wollen (Erkenntnisverweigerung)
- weil wir es nicht verantworten wollen (Verantwortungsverweigerung)
- weil es nicht zu dem geglaubten Sinn passt (Sinn des Lebens, Sinn des Kollektivs, …)
- weil wir Angst davor haben (Angst vor der Wahrheit, Angst vor Strafe, Angst vor Zugehörigkeitsverlust, Angst vor Mythos, Angst vor dem „Un-heim-lichen“, Angst, dass womöglich „alles umsonst gewesen“ sein könnte)
Folgendes Prinzip der Schattenarbeit ist wohlbekannt:
„Du siehst den Splitter in Deines Bruders Auge
und nicht den Balken in Deinem eigenen.“
Dieser Volksweisheit liegt eine wichtige Erkenntnis zugrunde:
Der Schatten ist aus der Außenperspektive leichter zu erkennen
als aus der Innenperspektive in der Selbstanalyse.
Coaching ist daher das Mittel der heutigen Zeit
für die Herstellung der Außenperspektive.
Schatten ist ein Produkt des Dualismus:
„Wo Licht ist, ist auch Schatten.“
Duales Bewusstsein ist Licht mit Schatten.
Nonduales Bewusstsein ist Licht ohne Schatten,
Klarheit.
Klarheit eignet sich daher hervorragend für Schattenarbeit.
Die Kompetenz, nonduales Bewusstsein als Ressource
im Alltag zu nutzen,
ist daher ein Durchbruch auch zur Schattenarbeit,
eine Form von „Klarlernen“.