Ruby on Rails in OOSE-II im WiSe 2012

In der Lehrveranstaltung OOSE-II im WiSe 2012 verwenden wir Ruby on Rails (RoR) und die IDE RubyMine auf der Basis von

Nach der ersten Woche sollte jede/r Teilnehmer/in auf ihrem/seinem Arbeitsgerät eine voll funktionstüchtige Entwicklungsumgebung installiert haben. Anleitungen dazu findet man auch unter Korem.

Wie leicht sich ein Blog unter RoR entwickeln lässt, zeigen die Rails Guides.
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und los geht´s:
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Dann sollte die richtige Rails-Platform gewählt werden:

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Das Grundgerüst der Blog-App wird generiert:

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Und schon kann der rails server gestartet werden:
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Das Ergebnis lässt sich im Browser unter http://localhost:3000 bewundern:

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Mit rails g scaffold post title:string text:text kann man auf der Kommandozeile Model, View und Controller für Blogposts (kurz „post“) erzeugen. Das geht aber auch innerhalb von RubyMine:

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Damit wurde folgendes Skelett generiert:

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Jetzt muss noch die Datenbank erzeugt werden. Das geht über „rake task“ „db:migrate„.

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Unter http://localhost:3000/posts haben wir damit bereits eine Datenbank-gestützte Webanwendung:

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die auch schon funktioniert:
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und folgendes Ergebnis liefert:
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In RubyMine gibt es eine Datenbank-Konsole, in der man die Einträge verfolgen kann:

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Weiterhin ist die rails console ein unverzichtbares Entwicklungswerkzeug:

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Die „rails console“ stellt einem die gesamte Laufzeit-Umgebung des laufenden Rails-Servers zur Verfügung:

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was dem Entwickler in der Laufzeit-Umgebung von Rails allerlei Experimente erlaubt:

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Jedes Objekt in Ruby versteht aber auch die Methode „methods„, falls man nicht weiß, welche Sprache das gewählte Objekt spricht:

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In der Datenbank wurde also nicht nur eine Tabelle „posts“ mit dem Feld „title“ angelegt, in Rails gibt es auch ein Modell „Post“:

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Das Model „Post“ versteht eine ganze Reihe von Methoden betreffend das Feld „title“:

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Die „rails console“ ist voll ausgestattet mit allen Möglichkeiten des Interaktiven Ruby Debuggers (irb), siehe

http://www.rubyinside.com/irb-lets-bone-up-on-the-interactive-ruby-shell-1771.html

Das hilft bei der Demystifizierung von rails ungemein. Statt zu raten, welche Magie am Werk ist, kann man selber prüfen, alle Objekte in die Hand nehmen, deren Inhalte anschauen und verändern. Und das alles in einem laufenden Server!

Ruby ist eine interpretierte Sprache, die nicht kompiliert werden muss wie Java. Daher entfällt ein Zwischenschritt. Man ändert den Quellcode und sofort sieht man die Änderung im Browser.

In der „rails console“ werden die geänderten Modelle jedoch nicht automatisch neu geladen. Hier ist ein Kommando „reload!“ erforderlich.

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Gunter Dueck vs. Manfred Spitzer / Digitale Potenz oder Digitale Demenz?

Unter http://www.youtube.com/watch?v=bC1HCzghIAE sieht man ein erstes Gespräch zwischen Gunter Dueck und Manfred Spitzer zum Thema „Digitale Potenz oder Digitale Demenz?“. Wirklich entweder – oder?

Die Antwort ist wohl: Beides!

Einerseits: Spitzer sagt: Wenn wir die Köpfe den Märkten überlassen, dann werden sie zugemüllt. Das ist eigentlich nichts Neues und gilt nicht nur für die Köpfe, sondern auch für Bäuche: Adipositas (Fettleibigkeit) wurde zum Massenproblem: Heute sind 36% der Amerikaner adipös, 2030 werden es 42% sein. Das Zumüllen der Köpfe könnte als geistige Adipositas verstanden werden.

Die systemische Analyse lautet: Märkte ziehen Gewinn aus dem, was Massen benötigen. Je mehr diese es brauchen, umso mehr Gewinn. Die ultimative Steigerung sind substanzfreie Suchtformen, wie Medienkonsum. Oder sollte man treffender „Illusionskonsum“ sagen? (Ach, wir träumen doch so gerne … Was könnte harmloser sein … Und die Massenstückkosten sind so vorteilhaft … ) Der entscheidende Punkt ist: Ein freier Markt muss solche Suchtformen entwickeln. Spiele-Entwickler müssen beispielsweise den Suchtfaktor in ihre Spiele einbauen. Sonst wird es kein Erfolg. Darin steckt eine gewisse Zwangsläufigkeit. Ebenso in der Tatsache, dass es mehr Süchtige geben wird, wenn mehr Suchtformen und Suchtpotenzial in die Welt gesetzt werden.

Im Video Minute 4:15 sagt Spitzer wörtlich: „Wenn wir die Köpfe der nächsten Generation dem Markt überlassen, dann geht´s schief. Dann wird Geld gemacht und [Spitzer deutet auf das Gehirn] vermüllt. Und das sehen wir jetzt gerade. Da gucken wir zu.“

Gunter Dueck sieht Spitzers neurowissenschaftliche Argumentation skeptisch und bringt als Metapher: „Hirnforschung beweist, dass Sex süchtig macht! Verbietet die Liebe!“ Vielleicht hätte Spitzer auf den Anspruch der Wissenschaftlichkeit und der neurowissenschaftlichen Herleitung verzichten und besser formulieren sollen: „Schaut nicht tatenlos zu. Verhindert das gesellschaftliche Unglück! Verhindert das massenhafte Ausbreiten von Adipositas, körperliche und geistige!“ (Dass das prinzipiell geht, dass die Gesellschaft nicht tatenlos zusehen muss, zumindest im körperlichen Bereich, beweist gerade Frankreich mit seiner Palmöl-Steuer. Gegen-Metapher: Palmöl enthält zu viele ungesättigte Fettsäuren, ist aber das billigste Fett, wird daher überall massenhaft verarbeitet und macht in dieser Menge Menschen krank. Also erhöht Frankreich die Steuer auf Palmöl massiv. Ist es wirklich eine Alternative, alles den Märkten zu überlassen und zu warten, dass Krankheitskosten ansteigen?)

Andererseits Digitale Potenz: Mit dem Internet können wir zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit global interagieren, so direkt, schnell, intensiv an unserem globalen Menschheitsdasein teilhaben wie noch nie. Alles Wissen aller Kulturen aller überlieferten Zeitalter scheint nur noch einen mühelosen Klick weit entfernt. Was haben wir früher einen Aufwand betrieben, um an Wissen zu kommen! Dieser Aufwand wurde scheinbar weg abstrahiert. (Das ist jedenfalls das „Look ´n Feel“ der „User“.) Digital Empowerment für JedeFrau und JederMann immer und überall! Anytime! Anywhere! Anyhow! Zauberei gibt es nicht nur bei Harry Potter, sondern mit jedem Smartphone und Tablet. Wissen liegt in der Cloud und wartet nur geflissentlich darauf, den Befehl zu einem Download zu erhalten.

Ist jetzt das Internet schuldig oder nicht? Diese Frage will Spitzer einem eindeutigen „Ja!“ zutreiben. („Ich bin Arzt. Meine Patienten fragen mich: ‚Bin ich krank, Herr Doktor, oder nicht?‘ Da muss ich mit Ja oder Nein antworten.“)

Dabei hat er selber im Video doch bereits die Wahrheit an anderer Stelle gefunden: Es ist nicht das Internet, sondern es sind „die Märkte“, es ist die psychische und gesellschaftliche Mechanik, die sich aus dem Massengebrauch neuer Illusionskonsum-Technologien ergeben hat.

Es gibt nicht nur „Ja“ oder „Nein“, nicht nur „Digital Ermächtigte“ oder „Digital Demente“, sondern beides. Der Trend zur Spaltung der Gesellschaft in „Winner“ und „Looser“, in „Digital Ermächtigte“ und „Digital Demente“ wird durch den Wirbel des Technologie-Hurricans verstärkt.

Gunter Dueck schließt seinen Blogeintrag „Digitale Potenz – ein Überspitzer gegen den Über-Spitzer (Daily Dueck 174, September 2012)“ mit den Worten: „Was hilft das Klagen einer nun technologiemöglichen neuen Form des Verkommenkönnens? Müssen wir uns nicht doch immer wieder nur auf den Menschen an sich besinnen? Wie verhindere ich „Demenz“ und wie fördere ich „Potenz“? Diese Aufgabe stellt sich immer neu, wenn sich unser Leben verändert, ja. Aber das Neue abzulehnen, weil nun jede analoge Demenz (an die wir uns gewöhnt haben) durch eine digitale ersetzbar ist?“

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Nicht das Studium ist sinnlos, sondern das "Telefonbuch-Lernen"

„Telefonbuch-Lernen“ bezeichnet jene Lernform,
bei der man etwas auswendig lernt,
zufällige Muster wie die Nummern in einem Telefonbuch,
zu dem man keine Beziehung hat,
erst recht keine emotionale,
welches keinerlei Relevanz für einen selber hat,
was man nicht verstanden hat und vielleicht auch gar nicht verstehen kann,
weil kein System dahinter steckt.

„Telefonbuch-Lernen“ ist ohne jegliche Tiefenstruktur eines Verständnisses.

Nicht die Schule oder das Studium ist sinnlos,
sondern das „Telefonbuch-Lernen“ ist sinnlos.

Zwar hat man kurz vor Klausuren immer wieder erfahren,
dass das Kurzzeitgedächtnis über mangelndes Studieren
kurzfristig hinweg helfen kann.
Daraus hat sich das innere Wirtschaftlichkeitsprinzip entwickelt,
der Glaube, dass diese Form des Lernens die effektivste sei.

Den Preis, den man dafür zahlt,
ist jedoch hoch: gefühlte Sinnlosigkeit, Beliebigkeit, schnelles Vergessen, Burnout.
Langfristig hat man nichts davon,
nicht einmal etwas Gelerntes, weil sofort vergessen.
Sinnloses Durcheinander.
Letztendlich hat man seine Chance, die im Studium und im Lernen steckt,
nicht wirklich genutzt.

Die gefühlte Sinnlosigkeit hat also eine innere statt einer äußeren Ursache.
Es ist die eigene Entscheidung für das Wirtschaftlichkeitsprinzip,
der geglaubte Vorteil mit weniger Aufwand ein gleich gutes Ergebnis erzielen zu können.

Weder Studierende noch Dozierende haben versagt.
Personen tragen hier keine Verantwortung.
Es sind die Prinzipien des „Telefonbuch-Lernens“ und der Wirtschaftlichkeit,
die echten Lernerfolg verhinderten.

Der Konstruktivismus setzt auf das eigenständige Konstruieren.
Man lernt wenige Basis-Bausteine,
die man dann selbstständig zu immer komplexeren Lösungen zusammen setzen kann.
Dadurch lernt man, selber Lösungswege zu finden.
Man weiß sich immer zu helfen.
„Der Mensch kann noch so dumm sein.
Er muss sich nur zu helfen wissen.“
Das bleibt dann lebenslang und
ist auf alle Bereiche des Lebens übertragbar.

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Ethisches QM oder systemisches QM?

Zu unterscheiden sind zwei Kategorien von Qualitätsmanagement (QM):
Ethisches QM und systemisches QM:

Ethisches QM: Im ethischen QM geht es um ethische Appelle (an jeden Einzelnen) für mehr Qualität:
Solcherlei QM sieht seine Aufgabe in der Motivation der Mitarbeiter für QM,
das Aufbrechen von Widerständen,
Benennung von Verantwortlichkeiten und damit auch potenziell Schuldigen.
Schuldig, wenn sich durch die Appelle nichts ändert.
In den Formulierungen findet man häufig Zwangsformulierungen mit den Verben „sollte“ und „muss“.

Systemisches QM: Im systemischen QM geht es um Systeme mit seinen Regeln, Gesetzen, Verfahren und Workflows. Systemisches QM adressiert Systemeinführungen, Systemumstellungen, Systemänderungen, Zielkonflikte, Doppelstrukturen, Doppelarbeit, ungeschickte Verteilung von Verantwortlichkeiten und Entscheidungskompetenzen, ungeschickte Schnittstellen und zu lange Kommunikationspfade, Sogkräfte zur Integration, Schutzwälle vor Proliferation von Sonderentwicklungen, usw.

„Der neue Workflow war noch nicht in „Gebrauch“.“ ist z.B. eine systemische Formulierung, die auf das Systemproblem hinweist, dass Umstellungen von Workflows einen besondern Zwischenschritt benötigen,
nämlich die System-Umstellung selbst.

Beim systemischen QM geht es darum, an welcher Schraube des Systems noch gedreht werden muss.
Hinter ethischem QM steht letzten Endes der Glaube, es würde reichen,
an Menschen herum zu schrauben ohne das System selber anzuschauen und zu begreifen.

Beim systemischen QM geht es manchmal auch um einen Systemwechsel oder Paradigmenwechsel.

Die gewollte Systemik ist nicht notwendig die wirkende Systemik.
Um letzterer auf die Spur zu kommen, bedarf es einer besonderen Analytik:
Analyse der Wirklichkeit der tatsächlich vorhandenen Systemik statt Wunschdenken.
Dazu muss man sich mit etwas anderem als seinen Idealen beschäftigen – mit der Realität.

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3 Ebenen-Modell des Lernens

Im Informatik-Spektrum Band 35, Heft 4, August 2012, verweist Prof. Dr. Ulrich Furbach in seinem Artikel „Turing und die künstliche Intelligenz“ auf die Theorie über „Postbiotischen Bewusstseins“ des Mainzer Philosophen Prof. Dr. Thomas Metzinger, dass man einem Wesen erst dann wirkliche Intelligenz zubilligen könne, wenn es eine eigene Theorie des Bewusstseins entwickelt und vertritt. Damit soll natürlich hinterfragt werden, ob Maschinen denken können.

Gleichzeitig kann man die Frage auch an Menschen richten und als Kriterium für das Vorhandensein deren Intelligenz einsetzen.

Das Gehirn ist ein neuronales Netz, dem es egal ist, wie es verwendet wird. Grob lassen sich drei Ebenen der Verwendungsarten unterscheiden:

1. Konditioniertes
2. Theoriebildung (Selbstbild, Weltbild)
3. Unkonditioniertes

Ebene 1 umfasst alles Konditionierte, Programmierte, Automatenhafte. Der Automat spult sein Programm ab. Antrainierte Aktions- und Reaktionsmuster werden abgerufen. Die Schnelligkeit, mit der dies erfolgt, ist von großem Vorteil z.B. beim Autofahren. Autofahren wurde antrainiert. Lernen auf Ebene 1 ist wie Download von Programmen. Der Automat wird mit Automatismen gefüttert. Viele Lerntechniken beschäftigen sich nur damit, wie dieses Füttern mit Automatismen noch schneller, noch zuverlässiger vonstatten gehen kann. Didaktik ist hier nichts weiter als Fütterungsoptimierung. Studierende, die ihr Studium optimieren, landen auch von selbst beim Klausurlernen und Bulimielernen. Das Optimierungsziel ist die Fütterungsgeschwindigkeit und die Minimierung des Aufwands dafür, um mehr Zeit zu haben. Wird diese gewonnene Zeit auch wieder nur für Download benutzt, ergibt sich in der substanziellen Verwendungsart des Gehirn kein Unterschied.

Dieses Sosein, dieser Modus operandi, fühlt sich hohl und leer an: Da ist keinerlei Bewusstheit. Der Automat spult sein Programm ab, völlig seelenlos. Das fühlt sich sinnlos an und macht krank: Burnout ist ein Symptom heute schon bei Studierenden, die unter ihrer selbst verordneten Sinnlosigkeit leiden.

Viele Automatismen sind evolutionsbedingt und Millionen Jahre alt, so z.B. Todesangst und Überlebenswille. Lässt man diesen Programmen völlig unreflektiert und unbewusst freien Lauf, so ergibt sich ein ungebremstes Ausleben der Automatismen des Überlebens, Haben-wollens und Sichern-wollens, die mit freiem Willen nichts zu tun haben.

Menschen, die diesen Zustand nicht reflektieren und sich mit ihren Automatenanteilen abgefunden haben, sagen häufig „Ich bin halt so“. Das ist ein Abfinden mit den eigenen Automatismen. Dann werden die Ebenen 2 und 3 nicht wahrgenommen.

Ebene 2 umfasst Reflektieren und die eigene Theoriebildung. Man konstruiert sich sein eigenes Weltbild und sein eigenes Selbstbild. Hier geht es um Verstehen und Erklären können.

Wie die Neurowissenschaftler festgestellt haben, kommt das Gefühl „Ich habe mich entschieden“ immer 50 Millisekunden, nachdem der Automat die Entscheidung bereits getroffen hat. Es ist eine Gehirnaktivität im Nachhinein. Das Gefühl, aus freiem Willen zu handeln, beruht also auf Autosuggestion. In dem Selbstbild gibt es ein Ich-Modell, das nicht den gemessenen Tatsachen entspricht.

Die Erklärungsmanie, alles, was geschieht mit dem eigenen Weltmodell abgleichen zu müssen und Erklärungen zu finden, die ins bisherige Bild hinein passen bzw. das Weltmodell zu erweitern, hat durchaus seinen Sinn: Dadurch wird das Weltmodell konsistent und aktuell gehalten. Dies ist ein großer Überlebensvorteil, den die Evolution belohnt hat. Gleichzeitig besteht die Gefahr eines Schubladen-Denkens, das nur Phänomene erlaubt, die in die Schubladen hinein passen. Die Theorie erzeugt Filter, die die Wahrnehmung reduzieren. Das Weltbild erzeugt eine Fokussierung auf reduzierte Aspekte und blendet andere aus.

Ebene 2 hat sich erst später in der Evolution gebildet: Sie ist dem Neokortex zuzuordnen. Es wird als große Errungenschaft gefeiert. Wissenschaft wird als die große Errungenschaft der Menschheit angesehen. Dabei wird ignoriert, dass Wissenschaft auch auf manchen Gebieten komplett versagt, insbesondere wenn es um den Menschen selbst geht. Ebene 2 ist sehr kopflastig, intellektuell. Ob Psychologie wirklich eine Wissenschaft ist, bleibt weiterhin umstritten. Woody Allen hat als Großstadt-Neurotiker eindrucksvoll gezeigt, dass man täglich auf der Couch beim Psychiater seine Automatismen durchdeklinieren kann, ohne dass sich auch nur das Geringste im Alltag verändert: Er ist und bleibt der hoffnungslose Großstadt-Neurotiker. Der Woody-Allen-Effekt ist das Unvermögen der Ebene 2, ändernd auf die Ebene 1 einzuwirken. Die beste Theorie hilft in der Praxis nicht im Geringsten. Das gilt im Kleinen wie im Großen: Die Menschheit hat erkannt, dass sie den Ast absägt, auf dem sie sitzt. Die Theorie wurde verstanden, jedoch ohne Auswirkungen auf die Praxis.

Lernen auf Ebene 2 ist die Bildung von Theorien, Modellen, Tiefenstrukturen, Erklärungsmodellen und die Kompetenz, selbstständig diese Theorien bilden zu können. Man muss selber denken, reflektieren, sich seine eigene Erklärungen bilden und mit der Realität abgleichen. Das ist ein aufwändiger Prozess, der wesentlich mehr Zeit, Aufwand und Energie erfordert, als der Download auf Ebene 1. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip wird daher immer Ebene 1 bevorzugen. Mit Downloads auf Ebene 1 Kompetenzen der Ebene 2 vorzutäuschen ist jedoch Betrug. Dieser Betrug ist leider häufig mit Klausuren nicht unterscheidbar. Daher fällt der Betrug zunächst nicht auf. Erst später, wenn im Berufsleben Ebene 2 verlangt wird, muss der Kompetenzerwerb der Ebene 2 nachgeholt werden.

Die Zeit der Aufklärung war ein Aufblühen der Ebene 2. Kant formulierte es so „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“ Aufgrund der gestiegenen Komplexität der Welt und ihrer Theorie glaubt man heute, keine Zeit mehr für die Ebene 2 zu haben: Der Dozent befürchtet, seinen Stoff nicht durch zu bekommen. Der Student befürchtet, zur Klausur nicht genug gelernt zu haben. Das führt beidseitig zur furchtgetriebenen Regression auf Ebene 1.

Reflektieren und Theoriebildung sind Aktivitäten im Nachhinein oder Vorhinein, nicht jedoch im Moment des Augenblicks, im Hier und Jetzt. Reflektieren und Theoriebildung unterscheiden sich daher grundlegend von wacher Aufmerksamkeit, ungeteilter, offener Zuwendung und klarer Bewusstheit für das, was gerade im Augenblick anliegt. Das ist die Ebene 3, die sich deutlich von den beiden anderen Ebenen unterscheidet. Beide Ebenen 1 und 2 können störend auf Ebene 3 wirken: Automatismen ebenso wie der Reflexionsprozess und Theoriebildung können der Lebendigkeit, Spontaneität und Authentizität des Augenblicks abträglich sein. Lernen auf Ebene 3 ist die immer frische Neuentdeckung. Ein Anfängergeist geht unbedarfter mit dem Leben um und ist nicht so mit Downloads und Theorien belastet wie ein erfahrener Mensch. Daher lieben wir so die kleinen Kinder, die noch völlig spontan und authentisch sind. Die Dozenten mit ihren jahrelang eingeschliffenen Gewohnheiten sind hier nicht unbedingt Vorbild für Lernende. Beide gemeinsam können jedoch durch Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit zum lebendigen Austausch miteinander immer wieder frisch und neu gelangen.

Dieses Modell der 3 Ebenen ermöglicht Differenzierungen von Ausprägungen von Authentizität, Kreativität, Sucht und Willen:

Bezüglich der Spontaneität und Authentizität gibt es außerdem eine Prä-Trans-Verwechslung, d.h. die Ebenen 1 und 3 werden vermischt und Ebene 2 übersprungen: Das unreflektierte, spontane Ausleben der zufällig entstandenen Automatismen auf Ebene 1 kann oberflächlich gesehen genauso authentisch wirken wie die ungeteilte, offene Zuwendung auf Ebene 3. „Ich bin halt so“ steht genauso spontan neben Offenheit und klarer Bewusstheit.

Kreativität kann verschiedene Quellen haben: Beim Brainstorming wird das wilde, spontane Kombinieren auf Ebene 1 geübt (Mutation). Aus der Vielfalt wird dann auf Ebene 2 das Sinnvolle ausgewählt (Selektion). Es handelt sich also um das Darwin´sche Evolutionsmuster Mutation und Selektion. Die Kreativität auf Ebene 3 entsteht hingegen aus der ungeteilten, offenen Zuwendung, direkt, voll bewusst und klar.

Sucht gibt es nur auf den Ebenen 1 und 2, nicht jedoch auf der Ebene 3. Auf Ebene 1 ist Sucht ein unreflektiertes, ungebremstes Ausleben der Automatismen. Ein völlig seelenloses Programm des Überlebens, Haben-wollens, sichern-wollens ist das Ausführungsorgan dieser Sucht und wird selber nicht gesehen. Da ist auch kein Mensch, mit dem man sprechen könnte. Das würde mindestens Ebene 2 voraussetzen. Die Sucht hat sich verselbstständigt.

Auf Ebene 2 gibt es die Denksucht, Erklärungssucht, Schubladensucht, die mit höchster Priorität alles Geschehen in die vorhandenen Schubladen pressen will und dadurch den Augenblick verpasst. Es entsteht ein Gefühl des Getrenntseins, immer knapp daneben und nie wirklich ganz da.

Die Sucht auf den Ebenen 1 und 2 konnten entstehen, weil ein grundlegendes Gefühl der Unvollständigkeit, Falschheit, Hunger nach dem Echten entstehen muss, solange man Ebene 3 vergessen hat.

Hat der Mensch einen freien Willen? Auf der Ebene 1 sicher nicht. Ebene 2 erlaubt schon mehr Freiheitsgrade. Denken und Handeln sind jedoch zweierlei und leider geschieht beim Schritt zum Handeln häufig ein automatisiertes Umschalten auf Ebene 1. Das Erleben des Woody-Allen-Effekts könnte man auch als die dunkle Nacht des Willens bezeichnen, ein Erleben der eigenen Machtlosigkeit. Dies gilt individuell ebenso wie kollektiv: Die Menschheit weiß, was richtig wäre, will dies auch, aber bekommt es einfach nicht hin. Dies offen zuzugeben, wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung, wie man weiß.

Erst Ebene 3 offenbart etwas, was man durchaus mit geistiger Freiheit bezeichnen könnte.

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Internationaler Sportsgeist

Ein wahrhaft internationaler Sportgeist interessiert sich für den Sport und die besten Wettkämpfe, nicht dafür, ob die Sportler zufällig einen deutschen Pass haben. Daher zeugt die Übertragungspolitik der Sendeanstalten ARD und ZDF, Sportereignisse nur mit deutscher Beteiligung zu übertragen, nicht gerade von diesem internationalen Sportsgeist.

Wie kann man z.B. die Finale im Badminton anschauen, obwohl schon alle deutschen Spieler ausgeschieden sind?

Unter http://www.eurovisionsports.tv/london2012/epg/index.html findet man den Electronic Program Guide (EPG) der European Broadcasting Union (EBU). Dort kann man Badminton im Filter einstellen und bekommt dann die Übertragungskanäle angezeigt:

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Für den Kampf im Männereinzel um Bronze kann man dann unter http://www.eurovisionsports.tv/london2012/ den „Live Feed 5“ auswählen und sieht dann in Echtzeit die Übertragung:

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Vielen Dank an die EBU!

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Hochschulen als semi-strukturierte Entfaltungsräume

Kurzer Bericht von der 13. Jahrestagung des Arbeitskreises
für Evaluation und Qualitätssicherung Berliner und Brandenburger Hochschulen,
Tagungsseite www.ak-evaluation.de. (Mein Vortrag war über unser Projekt Pro-MINT-us.)

Hier ein kurzer Bericht zur Keynote:

Eingeladener Vortrag (Keynote) war Peer Pasternack, der den Begriff der
„semi-strukturierten Entfaltungsräume“ einführte und Hochschulen
mit englischen Gärten verglich …

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… so dass die Frage nicht ist, was zentral und was dezentral sein soll, sondern
was strukturiert und was frei bleiben soll, damit es sich entfalten kann:

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Viele Missverständnisse in den Hochschul-Diskussionen könnten sich vielleicht auch dadurch
auflösen, dass wir anfangen zu verstehen, dass verschiedene Ebenen zu unterscheiden
sind:

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Zu Peer Pasternack siehe auch seinen Artikel „Qualität als Hochschulpolitik„.

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Unterfinanzierung des Bildungswesens

http://www.lemmens-online.net/wissenschaftspolitik/details/artikel/schule-und-hochschule-andere-kooperationswelten.html

Dr. Hannemor Keidel von der Technischen Universität München (TUM) führte wichtige Basisdaten in die Diskussion ein. Die Ausgangslage stellte sie so dar: „Gemessen am Bruttosozialprodukt (BSP) investiert Deutschland in sein Bildungssystem weniger als der Durchschnitt der OECD-Länder. Dies trifft auch auf die Hochschulen zu: Deutschland investiert in die Hochschulen knapp 1% BSP. Die EU-Kommission möchte als Benchmark 2% BSP für die Hochschulen setzen, so wie die Lissabon-Deklaration 3% BSP für F&E Investitionen vorgegeben hat. Der Dresdner Bildungsgipfel 2009 hat für Bund, Länder und Wirtschaft gemeinsame Bildungsausgaben von 10% BSP als Zielmarke 2015 gesetzt („Bildungsrepublik Deutschland“). Nicht nur ist Deutschland von diesen Zielmarken noch weit entfernt, sondern es wird sich die allseits erkannte Unterfinanzierung des Bildungswesens noch weiter verschärfen. Es besteht allgemein Konsens, dass das Finanzierungsdefizit der deutschen Hochschulen insgesamt rund 4 Milliarden Euro beträgt. Der Ausgleich dieses Defizits würde einem Anteil von lediglich 0,15 % BSP entsprechen (oder 0,4% des deutschen Exportvolumens). Die vor wenigen Jahren durchgeführte Föderalismus-Reform hat in dem existenziell so wichtigen Politikfeld der (Hochschul-) Bildung und Wissenschaft die nationale Mitsprache und Mitfinanzierung zugunsten regionaler Verantwortung zurückgedrängt. Die öffentlichen Aufwendungen für die Hochschulen in Deutschland werden zu 90 % von den Ländern finanziert.“

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Freihand-Zeichnen mit Audio

Was machte ein Dozent an der Kreide-Tafel, medien-technisch gesehen?
Er produzierte Freihand-Zeichnungen mit Audio.
Das hatte was. Und ist auch heute bei vielen Dozenten noch beliebt.

Hier zwei iPad-Apps, bei denen man Freihand-Zeichnen
mit Audio verknüpfen kann. Einfacher geht es kaum.
Da fühlt man sich fast in die gute alte „Kreide-Zeit“ zurück versetzt.

http://www.showme.com/learn

http://www.educreations.com/

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Löse Puzzles für die Wissenschaft

Auf WDR5 lief der Beitrag „Foldit – Daddeln und dabei Gutes tun:
Wie Computerspieler der Wissenschaft helfen“, siehe WDR5:

Der „Mason-Pfizer-Virus ist ein zentrales Studienobjekt der Anti-AIDS-Forschung.“
Trotz 14 Jahre Forschung blieb er ein ungelöstes Rätsel.
Nach der Codierung der Bio-Struktur als Puzzle konnte es innerhalb
des Foldit-Spiels („Löse Puzzles für die Wissenschaft“) in nur 11 Tagen gelöst werden.

Jetzt gibt es Nature-Publikationen mit „Foldit players“ als Ko-Autoren.

Die Leistung von „Bürger-Wissenschaftlern“ wird derzeit kaum genutzt.
Hier ist ein gutes Beispiel, wie es klappen kann.

Kreative Problemlöse-Intelligenz ist an keine Vorbedingung geknüpft.
Sie benötigt keine wissenschaftliche Ausbildung, keine Technik,
keine Denkstrukturen, keine Theoriegebäude.

Und wieder wird die Frage diskutiert, ob die menschliche Intuition
nicht immer der bloßen Rechenpower der Maschinen überlegen
bleiben wird. In 10 Jahren wissen wir vielleicht mehr…

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