iPad

Publizieren geht jetzt auch vom iPad mit dem WordPress-App … Wow!!!

Das iPad hat das Potenzial, Schule, Hochschule, Lehre und Studium zu revolutionieren, siehe Video. Die Leichtigkeit, mit der hier Lernumgebungen von Erstklässler bis zu Mathematik- und Medizinstudenten zur Verfügung gestellt werden, ist verblüffend. In der Schweiz hatte ich eine Grundschulklasse gesehen, die jeden Tag ein anderes App genommen hat, um daran zu lernen. Das dreht die Didaktik komplett um: Es wird von den Interaktionsmöglichkeiten und dem Content aus gedacht, statt von Schulbüchern.

Allerdings muss man sich bei den Apps gehörig umstellen: War man bisher von PC und Mac und Linux-Gerät gewöhnt, im eigenen Dateisystem mit einem Explorer oder Finder eigene Dateien, Texte und Ordner verwalten zu können, so wird man zunächst vergeblich danach suchen: Es gibt keinen Finder auf dem iPad!

Stattdessen arbeitet man direkt in der Cloud. Entweder direkt im Web-Browser (Safari wird mitgeliefert, iChromy ist die Chrome-Variante oder Opera, man hat die große Auswahl. Schließlich stehen alle wesentlichen Office-Applikationen auch im Web zur Verfügung. Man braucht eigentlich nur noch den Web-Browser. Der Web-Browser ist so etwas wie das neue Betriebssystem.), man sendet seine Sachen per email,  oder mit Cloud-Speicherplatz, z.B.

Wenn man z.B. eine email auf dem iPad öffnet mit einem Word „.doc“-Anhang, so kann man den Anhang direkt lesen oder mit einem Zusatz-Menü „Öffne in …“ einem anderen App übergeben. Zur Auswahl stehen bei mir die Apps Pages, GoodReader und Dropbox. Mit Pages könnte ich den Text weiter bearbeiten, mit GoodReader nur lesen und mit Dropbox verwalten, in die Cloud stellen, mit anderen teilen. In diesem Sinne kann man sagen: Dropbox ist der Finder für den iPad.

Oder man schreibt seine Texte direkt in sein Blog, so wie ich das hier tue.

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Ohne Worte

„Ohne Worte“ sind Karikaturen beschriftet und wir verstehen sie sofort. Die darauf abgebildete Systemik wird sofort ohne Worte verstanden, verzögerungslos, unmittelbar, offenbar mit einem Schlag.

Über „Am Anfang war das Wort.“ kommen wir zu der Erkenntnis „Am Anfang war die Systemik.“ Wir werden alle in Systemiken hinein geboren, die uns keiner mit Worten erklärt. Kollektiv gibt es eine Systemik der Generationen, die wir leben, die uns aber keiner erklärt.

In der Informatik wurden Graphen als Abstraktion von textuellen Darstellungen sehr gefeiert. Ein Graph sagt mehr als tausend Worte. Der selbe Graph kann auf tausend verschiedene Weisen textuell dargestellt werden. Es handelt sich also um ein anderes Abstraktionsniveau, dass die Verschiedenartigkeit von textuellen Formulierungen wegabstrahiert.

Wenn man Niklas Luhmann im Original liest, bekommt man einen tiefen Einblick in systemisches Denken. Wenn man dagegen Sekundärliteratur über Systemik liest, erscheint diese Art des Denkens verwässert. Offenbar gehört systemisches Denken zu einem höheren Kompetenzniveau, das nicht allen Menschen zugänglich ist. Systemisches Denken ist absolut notwendig in unserer Zeit. Dazu muss das Kompetenzniveau gewaltig erhöht werden.

Warum ist Kompetenzorientierung eine Hype? An die nächsten Generationen wird viel Ungelöstes weitergegeben mit dem Impuls zur Transzendenz „Löst ihr für uns, was wir nicht zu lösen imstande waren.“, ohne es mit Worten zu explizieren. Niklas Luhmann weist darauf hin, dass das Verständnis von Bildung als Transferleistung von Gewusstem und Gekonntem an die nächste Generation irreführend ist: Wenn die alte Generation mit diesem Gewussten und Gekonnten gescheitert ist, braucht die nächste Generation offenbar weiter gehende Kompetenzen, um ihren Auftrag erfüllen zu können.

Damit tut sich der Zielkonflikt zwischen Treue und Transzendenz auf: Treue zur alten Systemik steht im Zielkonflikt zur Überschreitung der alten Systemik mit ihren Rollen, Zielen, Werten, Idealen, Glaubensvorstellungen, Gewussten und Gekonnten und Dynamiken. Für die Transzendenz sind weitergehende Kompetenzen notwendig, über die die alte Generation nicht ausreichend verfügte, sonst hätte sie die anstehenden Probleme ja selber lösen können, anstatt sie an die nächste Generation weiter zu reichen. Wenn die alte Generation nur ihre alten Ideale hochhält und Treue einklagt oder gar erpresst, steht sie nicht zu ihrer Verantwortung für ihr eigenes Scheitern.

Einstein brachte es treffend auf den Punkt: „Die wichtigen Probleme können nicht mit der gleichen Art des Denkens gelöst werden, mit der sie erzeugt wurden. („The significant problems we face cannot be solved by the same level of thinking that created them.„)“ Daher muss der nächsten Generation auch erlaubt sein, anders zu denken, auch wenn es der alten Generation fremd vorkommt.

Jeder junge Mensch ist eine neue Chance. Mit einer jungen, frischen Sicht auf die Dinge ergeben sich auch neue Lösungsmöglichkeiten. Hochschule wird dann nicht mehr als Stätte für Bildungstransfer (Nürnberger Trichter) gesehen, sondern als Sprungbrett für neues, eigenes Denken und neue Lösungsansätze, wie sie keine Generation vorher zu denken imstande war.

Ralph Waldo Emerson: „Imitation is Suicide. Insist on yourself; never imitate.“

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Der Rumpelstilzchen-Effekt

Das Rumpelstilzchen-Märchen der Gebrüder Grimm zeigt in seiner Essenz, wie die Kenntnis des Namens erlösend wirken kann. Da tanzt etwas dämonisch herum und man ist machtlos verzweifelt. Wenn man jedoch seinen Namen kennt, verliert es seine Magie mit einem Schlag.

Mit Google kann man heute in Bruchteilen von Sekunden nachschlagen, ob es einen Begriff schon gibt, z.B. „Nullsummen-Stillstand“ aus dem letzten Blog-Eintrag. Es gab ihn bisher nicht. Diese Art von Stillstand wurde bisher nicht be-griffen: Es gab noch keinen Be-Griff dafür.

Mit Begriffen und Begriffskombinationen in dieser Weise zu spielen und darüber zu bloggen, damit der Blogosphäre neue Begriffe hinzu zu fügen, das ist die Fortsetzung des Wittgensteinsche Sprachspiel mit modernen Mitteln.

Es dauerte keine Minute, bis Google diesen neuen Begriff in seine Suchmaschine integriert hatte. Jetzt sind diese Blog-Einträge in der Trefferliste auf Platz 1 und 2:

Nullsummen-Stillstand

Technisch ist Google nur eine Suchmaschine. Sozio-Webologisch könnte man Google als Sprachspiel-Verstärker klassifizieren.

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Nullsummen-Stillstand

Kennen Sie das? Alle wollen nur das Beste und ziehen mit allen Kräften – leider nur in unterschiedliche Richtungen. In der Summe heben sich die vielen guten Absichten auf. Das ist der Nullsummen-Stillstand (engl. Zero sum deadlock, See http://www.nysec.org/uploads/nysectalk070304.pdf).

Er ist sehr frustrierend, weil alle nur mit guten Absichten viel investieren, das Resultat jedoch enttäuscht. Wenn jetzt der Chef mit viel Charisma alle dazu bringt, noch stärker zu ziehen, wird noch mehr investiert und leider noch mehr Frust erzeugt, denn das Ergebnis rechtfertigt nicht die Mittel, wenn es beim Nullsummen-Stillstand bleibt.

Weil dieser Zustand still ist, entzieht er sich jeder Wahrnehmung. Es ist eine Art Ausgeglichenheit, allerdings eine sehr unproduktive. Der Nullsummen-Stillstand wird mit einer Art Lebensbalance verwechselt, an die man sich gewöhnt hat, die man kennt und in der man sich heimisch eingerichtet hat. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass der Nullsummen-Stillstand zum Normalzustand wird. Wenn dieser Zustand zum Normalzustand wird, entsteht ein blinder Fleck, eine Betriebsblindheit. Der sinnlose Verlust von Energie wird zum alltäglichen Begleiter. Man nimmt ihn in Kauf, weil man es nicht mehr anders kennt.

Do not work harder, work smarter!“ gilt nicht nur individuell, sondern auch kollektiv. Eine Verstärkung der Kraft-Anstrengungen bringt nichts, eine Analyse der Orientierung und eine Angleichung oder gar Unifikation der Trajektorien alles.

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Twitter und Blogs als Wissenschaftsbeschleuniger im Kampf gegen Ehec

In dem Artikel „Ehec müsste eigentlich Eaec heißen“ wird berichtet, wie Twitter und Blogs als Wissenschaftsbeschleuniger im Kampf gegen Ehec wirkten. Zitat: „Nur wenige Tage später, meldeten die Chinesen: Das Erbgut ist entziffert – und machten es online für alle Welt verfügbar. Tatsächlich handelte es sich dabei um Tausende Bruchstücke DNA, die entziffert worden waren. Innerhalb von Stunden begann eine Armada von Forschern die Daten zusammenzufügen, die Sequenz mit denen anderer Erreger zu vergleichen und das ganze über Twitter und Blogs zu verbreiten. „Ich bin völlig überrascht, wie schnell das alles ging“, sagt Rohde. Alle paar Stunden schaue er online, was es Neues gibt.

Das Internet könnte das neue Betriebssystem der Wissenschaft werden. Angesichts der gewaltigen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit ist eine Explosion von wissenschaftlicher Leistungsfähigkeit essenziell. Das geht über den bloßen Bescheunigungseffekt hinaus. Dann wird Quantität jenseits einer gewissen Schwelle zu einer neuen Qualität.

Warum berichten angesichts dieser epochalen Ereignisse Journalisten großer Zeitungen nur über das Negative? Eine Soziologie von Facebook wurde von einem FAZ-Journalisten entworfen in dem Artikel „Eine Soziologie des Facebook“ und kommentiert in dem Blog „Eine Soziologie von Facebook?„, allerdings ausschließlich negativ. Das Potenzial von Web 2.0 wird weder erkannt noch erahnt. Journalisten sehen darin nur Blödsinn und einen Verfall der Sitten. Wenn Facebook mit 100 Milliarden an die Börse geht, wird das nur als Bestätigung verstanden, dass die ganze Welt verrückt geworden ist. Auch wenn die Zukunft eine Facebook-Zukunft ist, schreiben deutsche Journalisten: „Wenn das die Zukunft ist, dann ist es nicht meine Zukunft. Wenn das die Zukunft ist, dann will ich sie nicht erleben.“ So spricht eine vergangene Generation, die sich aus der Mitgestaltung von Zukunft verabschiedet hat.

In einer WDR5-Radiosendung schlug ein Teilnehmer sogar vor, das Wort „Soziale Medien“ zu ersetzen durch „Asoziale Medien“, weil sie gerade das, nämlich soziales Leben, nicht hätten. Auf die Idee, dass hier nicht Altes kopiert, sondern Neues, bisher Unbekanntes geschaffen wird, kamen weder Moderator noch Teilnehmer. Die Abstimmung geschieht jedoch nicht über ideologische Streitgespräche, sondern mit den Füßen: Über 20 Millionen Teilnehmer hat Facebook bereits in Deutschland und über 700 Millionen in der Welt. Das chinesische Pendant heißt Tencent QQ hatte im März 2011 bereits 674 Millionen Teilnehmer. (Facebook ist in China nicht zugelassen.) Zusammen ist die Milliarden-Grenze also schon längst überschritten.

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Schwarmverhalten vermindert Schwarmintelligenz

Im Spiegel-Artikel „Gemeinsam sind wir dümmer“ schreibt Holger Dambeck (basierend auf den Forschungen von Dirk Helbing und seinen Kollegen an der ETH Zürich), dass die Weisheit der Massen (wisdom of the crowd) nur unter bestimmten Umständen funktioniere: Die Individuen dürfen sich nicht gegenseitig beeinflussen. Wie beim Wahlgeheimnis in einer repräsentativen Demokratie wählt jeder für sich und weiß im Wesentlichen (mit vernachlässigbaren Ausnahmen) nicht, wie andere gewählt haben. Beispiel: Wenn das Gewicht eines Stieres geschätzt werden soll, ist das Ergebnis dann am genauesten, wenn keiner von der Schätzung des anderen weiß. Der verblüffende Effekt der genauen Schätzung wird Schwarm-Intelligenz genannt. Schwarm-Intelligenz sinkt also mit dem Wissen von der Meinung anderer. Sozialer Einfluss verringert die Diversität der Antworten und damit die Qualität der Gruppen-Antwort. Vielfalt ist wichtig und hebt die Qualität.

Wie könnte ein entsprechender Satz in einer Theorie sozialer Medien lauten?

Die Schwarmintelligenz-Vermutung:
Schwarmverhalten vermindert Schwarmintelligenz

Der Grund könnte Gruppen-Dynamik sein: Man orientiert sich an gefühlten Meinungsführern und Gruppen-Leitern statt an der eigenen Meinung und am eigenen Gefühl. Der Fokus wechselt von innen nach außen.

 

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Das Licht auch wieder zurück bringen

In seiner Rede „Das Internet als Gesellschaftsbetriebssystem“ auf der re:publica 2011

http://www.youtube.com/watch?v=woA4R3KrACg

sagt Gunter Dueck auch folgenden interessanten Gedanken mit Hinweis auf Platons Höhlengleichnis: Web 3.0? Wieso Web 3.0? Es geht jetzt um Web 2.0! Man muss das Licht auch wieder zu den Leuten, die in der Höhle geblieben sind, zurück bringen.

Damit weist er hin auf die Verpflichtung der Intelligenz: Wenn diese etwas kapiert hat, hat sie die Pflicht und Schuldigkeit, mit den Leuten, die es noch nicht kapiert haben, dieses neu gewonnene Verständnis zu teilen. (Einschub: Das war auch mal das originäre Verständnis von Hochschule und Bildung.)

Gleichzeitig ist das ein Seitenhieb auf die Zunft der Akademiker. Nur weil sie bis 3 zählen können, glauben sie, den anderen Menschen einen Schritt voraus zu sein, indem sie einfach eins drauf addieren. Und dann wird wild drauflos fabuliert, was denn nun dieses Web 3.0 wohl sein könnte: Semantisches Web? Anstatt einfach bei den neu gewonnenen Errungenschaften des Web 2.0 erst einmal zu bleiben und diese zu nutzen und in ihrer Tiefe zu verstehen. Wo ist die Soziologie von Facebook, Twitter und Co? Warum sind die Hochschulen Außenseiter statt Antreiber? Wer versteht eigentlich, wie und warum Facebook wirklich funktioniert?

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Zukunft des Lernens

Die Uni Frankfurt veranstaltet gerade einen Offenen Kurs „Zukunft des Lernens“. Dazu ein Beitrag zum OpenCourse 2011 „Zukunft des Lernens“, 4.Woche:

Prof. Dr. Rolf Schulmeister (ehemals Uni Hamburg, jetzt Pädagogische Hochschule Zentralschweiz) hat am 13. März 2009 einen Vortrag über Personal Learning Environment (PLE) gehalten. Die Einleitung ist an historischen Lernumgebungen orientiert, also an der Vergangenheit, zu der Schulmeister noch eine tiefe emotionale Bindung hegt. Und dann kommt unvermittelt plötzlich eine metaphysierende Behauptung daher: Eine Idee, die sich beim Lernen in einer persönlichen Lernumgebung (mit Büchern, mit Bibliotheken, mit Mitarbeitern) bilde, sei das, was NICHT gesagt worden sei.

Das ist mal wieder so eine dieser Halbwahrheiten, die die Tatsachen eher vernebelt als klärt. Ja, es ist richtig, dass eine Idee nicht in einem Wort manifestierbar und ein Wort noch lange keine Idee ist. Und dennoch gibt es sie, die Idee und auch die Kommunikation der Idee. Und immer ist da das Ringen um Kommunizierbarkeit im Sinne von Wittgenstein II, das miteinander Teilen der Idee. Dieses Ringen um die richtigen Worte ist ebenso wichtig wie die Idee selbst. Das Internet mit Web 2.0 hat dieses Ringen auf eine nächste Stufe gehoben: Wir ringen jetzt nicht mehr nur um die richtigen Worte, sondern auch um die richtigen Kommunikationsmittel, -tools, -ebenen, -netze, -stile und -systeme.

Die Landkarte ist nicht das Gebiet. Vom selben Gebiet gibt es viele Landkarten. Per Kommunikation können nur Landkarten weiter gegeben werden, aber keine Gebiete. Alles Sagen dreht sich um das Gebiet und die Landkarten sind nur Mittel zum Zweck. Das Gebiet ist das Lernziel und nicht einer der Landkarten. Wittgenstein I: Alles was sich sagen lässt, lässt sich klar und deutlich sagen. Metaphysieren hilft niemandem.

Das Fragwürdige an der Argumentationskette von Schulmeister ist, wie er die Grenzen des Machbaren in PLEs letztendlich suggeriert: Weil das NICHT Gesagte nur in Präsenz-Veranstaltungen rüberkommt, taugen Online-Tools hierfür nicht. Und das NICHT Gesagte ist ausgerechnet das Wichtigste von Allem, die Idee. Ist das nicht eine Bankrott-Erklärung für Online-Lernen?

Weiter sagt Schulmeister: Wenn wir uns nur auf das konzentrieren, was heute möglich ist, dann machen wir einen Riesen-Fehler! Recht hat er. Im Technologischen hat sich Schulmeister offenbar eine geistige Offenheit bewahrt: Es sei völlig falsch, den Computer zu sehen als das, was er heute ist. Wir sollten vielmehr sehen, was in Zukunft damit möglich sein wird. Richtig.

Schulmeister sagt zu PLE letztendlich, dass man PLE nicht definieren könne. Später sagt er jedoch, dass nicht alle Wissensarten in PLE hinein passen. ??? Kommt darauf an, wie das gemeint ist:

(a) Zu jeder PLE gibt es eine Wissensart, die dort nicht hinein passt. Ja, mag vielleicht stimmen für geschlossene Umgebungen. Das ist aber nicht besonders aufregend. Definiert man jedoch das ganze Internet als PLE, dann ist die Aussage nicht falsifizierbar (vgl. Karl Popper) und damit unwissenschaftlich.

(b) Es gibt Wissensarten, die in kein PLE hinein passen. ??? Diese Aussage ist ebenfalls nicht falsifizierbar und damit unwissenschaftlich. Es ist falsch, solche Scheingrenzen in den Raum zu malen. Damit blockieren wir unsere Phantasie! Der Mythos des Gegebenen, das Märchen von irgendwelchen Grenzen, hält Menschen davon ab, nach neuen Ufern aufzubrechen. Wie oft müssen wir noch hören, dass die Erde eine Scheibe sei?

Damit bin ich wieder bei dem Thema „Ringen“: Lasst uns mit Web 2.0 weiter die Grenze des Kommunizierbaren verschieben, weiter um noch bessere Tools ringen, die Neues möglich machen, was noch nie möglich gewesen ist, anstatt über Grenzen zu spekulieren! Web 2.0 ist gewissermaßen Wittgenstein II auf eine Systemebene gehoben: Es geht nicht mehr nur um Sprache, sondern um das globale Kommunikationssystem.

Nächste These Schulmeister: Selbstreflexion und Kollaboration stören einander. Das sei das Ergebnis von www.icamp-project.org. Schulmeister schließt eine Spekulation daran an, dass man Selbstreflexion und Kollaboration besser trenne und Selbstreflexion doch besser einer Blended Learning-Umgebung vorbehalten sei. Präsenz-Anteile müssten sein, wenn es um Selbstreflexion ginge. Das ist Spekulation und noch viel zu undifferenziert. Welche Art von Selbstreflexion wird durch Kollaboration vereinfacht? Welche Typen von Selbstreflexion gehen präsent besser und welche online?

Differenzierung ist angesagt: Welche Art von Kollaboration geht mittels Präsenz-Unterricht besser? Welche geht mittels PLEs besser? Welche Art von Kultur braucht Präsenz? Welche Art geht online?

Geschieht Reproduktion von Kultur in der nächsten Generation grundsätzlich besser mit Präsenz-Unterricht als mit PLE? Kommt auf die Kultur an. Beispiel: Soldaten-Kultur. Präsenz-Unterricht ist hierbei selbstverständlich wirksamer als ein PLE es jemals sein könnte. Es ist absolut undenkbar, Wehrpflicht mittels PLE zu absolvieren. Das ist ein extremes Beispiel, dazu gedacht, einen Punkt deutlich zu machen: Die Kultur-Reproduktionsleistung verändert sich mit dem Gang ins Internet.

Um das zu verstehen, eignet sich sehr gut das neurowissenschaftliche Konzept der Spiegelneuronen: Die Wirksamkeit des Lehrers als Vorbild ist im Präsenzunterricht höher als via Internet (Modell-Lernen). Das Dumme ist nur, dass die Spiegelneuronen viel mehr erfassen, nicht nur den Lernstoff. Kultur-Reproduktion geschieht via Präsenz-Unterricht vielschichtiger als online. Ob ein Lehrer zum Vorbild taugt, hängt sehr stark von der Qualität und Reife des Lehrers ab.

Mit Präsenz-Schulung, -Konferenzen und -Kommunikation geht ein hoher Umwelt- und Zeitverbrauch einher. Das Volumen des Massentransports global steigt und steigt, weil keiner auf Präsenz verzichten will und keiner ehrlich eine Gesamtkosten-Rechnung macht.

Was hat mehr Qualität? Nach Hamburg zu reisen und die Rede von Rolf Schulmeister live zu erleben – oder das Video zuhause in aller Ruhe mit soviel Unterbrechungen wie notwendig durch zu arbeiten und dabei sich soviel eigene Gedanken zu machen, wie es in der Präsenz-Konferenz nicht möglich gewesen wäre? Es sind verschiedene Qualitäten. Präsenz ist besser für Spiegelneuronen und Reproduktion, Online ist besser für ungezielte Selbstentwicklung: Durch eigene Gedanken komme ich Pseudo-Argumenten und Pseudo-Wissenschaftlichkeit eher auf die Schliche, kann zwischendurch im Internet Unbekanntes recherchieren, den Hinweisen folgen und mir selbst ein Bild machen. Die Reproduktion der Denkweise des Redners und der Konferenzteilnehmer im meinem Denken nimmt dadurch jedoch ab.

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iPod-Liberalismus versus Cyber-Hedonismus

Auf TED stellt Evgeny Morozov infrage, was er „iPod-Liberalismus“ nennt — die Annahme, dass technische Innovation immer Freiheit, Demokratie fördert. Dem stellt er „Cyber-Hedonismus“ entgegen. Die Wirkung des Internet lässt sich nicht so einseitig beschreiben, wie dies so häufig geschieht. Daher ein Beitrag von Evgeny Morozov zur differenzierten Analyse:

[ted id=641 lang=ger]

Die Wirkung des Internets auf die Gesellschaft stellt er mit folgender Tabelle dar:

Kategorie China US
Anteil Teenager mit Web-Sucht 42% 18%
Anteil Teenager mit Online-Parallel-Leben 61% 13%
Anteil Teenager, die jeden Tag online sein müssen,  um sich gut zu fühlen 25% 12%
Anteil Teenager, die ihr Sex-Leben durch das Internet erweitert sehen 32% 11%

 

Morozov überträgt die bekannte Maslowsche Bedürfnispyramide auf das Internet wie folgt:

Sein Schluss-Plädoyer lautet, dass die Internet-Euphoristen von der Wunschvorstellung Abstand nehmen sollten, dass das Abwerfen von genügend iPods über einer Bevölkerung  ausreichen würde. Vielmehr gehe es darum, Mechanismen zu finden, klugen Köpfen mehr Gehör und Einfluss zu verschaffen.

Ist es das? Oder kann man daraus noch andere Schlüsse ziehen?

Hedonismus-Schwelle: Im Internet ebenso wie in der physischen Welt gibt es eine grundsätzliche Barriere, die Hedonismus-Schwelle. Warum sollte man mehr tun, als nur zu konsumieren und es sich gut gehen zu lassen? Offenbar gibt es hier Parallelen in beiden Welten. Ob der Hedonismus physisch oder im Internet statt findet, spielt dabei keine Rolle.

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In seiner Rede auf einer TED-Konferenz

http://www.youtube.com/watch?v=ZFjY1fAcESs

beschreibt der Philosoph Prof. Thomas Metzinger, Uni Mainz, die Gummihand-Illusion („rubber hand illusion“): Man legt neben die versteckte reale Hand eine Gummihand. Dann stimuliert man beide simultan. In Minutenschnelle lernt das Gehirn die Gummihand als stimulierbar und zu sich gehörig. Wenn dann der Experimentator unvermittelt mit dem Hammer auf die Gummihand schlägt, wird das als Körperverletzung gespürt. Unsere Identifikation mit dem Körper ist also nichts festes, sondern erlernt und änderbar.

Thomas Metzinger geht über das Gummihand-Experiment hinaus und entwirft philosophische Experimente. Wenn das mit der Gummihand klappt, so spinnt er den Faden weiter, dann müsste es doch auch mit dem ganzen Körper klappen. Also werden Menschen mit ihrem ganzen Körper auf einen Körper in einer virtuellen Welt (Avatar) trainiert. Und siehe da: Dies geht auch in Minutenschnelle. Manchmal komme es auch zu außerkörperlichen Erfahrungen („out of body experience“).

Thomas Metzinger schließt mit einem Gleichnis: Wir bauen heute 3D-VR-Helme für das Eintauchen in virtuelle Welten. Dabei haben wir schon einen 3D-VR-Helm in gewissen Sinne an. Ja wir sind sogar mit diesem so eng verwachsen, dass es keine Distanz mehr gibt. Der verwachsene 3D-VR-Helm ist für uns selbstverständlich und nicht mehr bewusst.

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